Ich gab ihm so viel Geld, wie er von mir annahm: fünf Talente. Ich wollte ihm mehr geben, aber er lehnte ab. Wenn er zu viel Geld ausgab, so sagte er, würde das nur ungute Aufmerksamkeit erregen. Die Kinder und er seien am sichersten, wenn sie niemand bemerkte.
Ich beugte mich seiner Weisheit und verbrachte den Rest des Tages damit, ihm zu helfen. Ich pumpte Wasser und holte Brot. Ich untersuchte die Kinder, ging zu einer Apotheke und brachte ihnen ein paar Mittel, die ihnen helfen würden.
Zu guter Letzt kümmerte ich mich auch noch um Trapis selbst, jedenfalls so weit er es zuließ. Ich rieb seine schmerzenden, geschwollenen Füße mit Kampfer und Mutterblatt ein und schenkte ihm Stützstrümpfe und ein Paar gute Schuhe, damit er nicht mehr barfuß in dem feuchten Keller umhergehen musste.
Am späten Nachmittag trudelten nach und nach die zerlumpten Kinder in dem Keller ein. Sie kamen, weil sie auf etwas zu essen hofften oder sich verletzt hatten oder einen sicheren Schlafplatz suchten. Sie alle beäugten mich argwöhnisch. Meine Kleider waren sauber und neu. Ich gehörte nicht zu ihnen. Ich war nicht willkommen.
Wenn ich noch länger geblieben wäre, hätte es Schwierigkeiten gegeben. Zumindest wäre meine Anwesenheit einigen Straßenkindern so unangenehm gewesen, dass sie nicht mehr dort übernachtet hätten. Und so verabschiedete ich mich von Trapis und ging. Manchmal ist Weggehen das Einzige, was man tun kann.
Da mir noch ein paar Stunden blieben, bis sich die Wirtshäuser füllen würden, kaufte ich mir ein Blatt cremefarbenes Schreibpapier und einen passenden Umschlag aus schwerem Pergament. Es war allererste Qualität, besser als alles, was ich je besessen hatte.
Anschließend suchte ich mir ein stilles Café und bestellte mir eine Schokolade und ein Glas Wasser. Ich legte das Papier auf meinem Tisch zurecht und zog Feder und Tinte aus meinem Shaed. Dann schrieb ich in eleganter Schreibschrift:
Ich setzte keinen Namen darunter, sondern nur eine einzelne Initiale, bei der es sich um ein verschnörkeltes »R« handeln konnte oder um ein etwas zittriges »B«.
Dann tunkte ich eine Fingerspitze in mein Glas und ließ einige Wassertropfen auf das Blatt fallen. Sie ließen das Papier ein wenig aufquellen und die Tinte ein wenig verschmieren, ehe ich sie wieder abtupfte. Sie sahen aus wie Tränen.
Einen letzten Wassertropfen ließ ich auf die Initiale fallen und machte sie damit noch unkenntlicher. Jetzt hätte es auch ein »F«, »P« oder »E« sein können. Vielleicht sogar ein »K«. Im Grunde hätte es jeder Buchstabe sein können.
Dann faltete ich das Blatt zusammen, steckte es in den Umschlag, ging zu einer Lampe, brachte daran etwas Siegelwachs zum Schmelzen und verschloss den Umschlag mit einem ordentlichen Klacks davon. Auf die Vorderseite schrieb ich:
Dann zahlte ich und ging zum Drover’s Lot. Einige Ecken vor diesem Platz zog ich meinen Shaed aus und verstaute ihn in meinem Reisesack. Ich ließ den Brief auf die Straße fallen und scharrte ein wenig mit der Schuhsohle darauf herum, ehe ich ihn wieder aufhob und abstaubte.
Kurz vor dem Platz entdeckte ich das Letzte, was mir noch fehlte. »He!«, rief ich einem alten, backenbärtigen Mann zu, der an einer Mauer lehnte. »Ich gebe dir einen Halbpenny, wenn du mir mal kurz deinen Hut leihst.«
Der Alte nahm das unansehnliche Ding ab und besah es sich. Der Kopf, der darunter zum Vorschein kam, war kahl und bleich. Er blinzelte in den spätnachmittäglichen Sonnenschein. »Meinen Hut?«, fragte er mit rauher Stimme. »Für einen ganzen Penny verkauf ich ihn dir, und du kriegst auch noch meinen Segen dazu.« Er lächelte hoffnungsfroh und hielt mir den Hut mit seiner schmalen, zitternden Hand entgegen.
Er bekam seinen Penny. »Kannst du den mal kurz halten?«, bat ich und gab ihm den Brief. Dann schraubte ich mir das alte, labberige Ding mit beiden Händen auf den Kopf, bis über die Ohren. Mit Hilfe einer Schaufensterscheibe stellte ich sicher, dass mein rotes Haar komplett darunter verschwand.
»Steht dir!«, sagte der Alte und hustete nicht gerade trocken. Ich nahm den Brief wieder an mich und betrachtete die schmierigen Fingerabdrücke, die er darauf hinterlassen hatte.