Читаем Zweiter Tag - Die Furcht des Weisen Band 2 полностью

Ich schlenderte eine Weile ziellos durch die Gegend und versuchte den Gedanken an abgeschnittene Finger zu verdrängen. In einem Wäldchen hinter einer Hügelkuppe stolperte ich fast buchstäblich über ein nacktes Pärchen, das sich dorthin zurückgezogen hatte.

Doch die beiden suchten nicht etwa hastig nach ihren Kleidern, als ich unvermittelt vor ihnen stand, und ich machte erst gar nicht den Versuch, mich in holprigem Ademisch zu entschuldigen, sondern drehte mich nur um und ging. Mein Gesicht brannte vor Scham.

Ich begann den Ketan zu üben, konnte mich aber nicht konzentrieren. Also betrachtete ich den Schwertbaum. Eine Weile beruhigte mich der Anblick der sich anmutig im Wind wiegenden Äste tatsächlich. Doch dann begannen meine Gedanken abzuschweifen, und das Bild Vashets, die mir die Finger abschnitt, trat mir wieder vor Augen.

Der dreimalige Glockenton erklang, und ich kehrte zum Abendessen in die Schule zurück und stellte mich an der Essensschlange an. Die Anstrengung, die es mich kostete, nicht an meine verstümmelte Hand zu denken, machte mich ganz benommen. Plötzlich bemerkte ich, dass meine Nachbarn in der Schlange mich anstarrten. Ein kleines, etwa zehnjähriges Mädchen blickte mit offenem Mund zu mir hoch, und ein Mann im Rot des Söldners sah mich an, als hätte ich mir soeben mit einer Scheibe Brot den Hintern abgewischt und sie anschließend gegessen.

Erst jetzt begriff ich, dass ich vor mich hin summte, nicht laut, aber doch so laut, dass die Umstehenden es hörten. Offenbar summte ich noch nicht lange, denn ich war erst bei der sechsten Zeile von Verlass die Stadt, Kessler angelangt.

Ich verstummte, senkte den Blick, nahm mein Tablett und versuchte zehn Minuten lang zu essen. Ich brachte einige wenige Bissen hinunter, mehr nicht. Schließlich gab ich es auf und ging auf mein Zimmer.

Ich legte mich aufs Bett und überlegte, welche Alternativen ich hatte. Wie weit würde ich es zu Fuß schaffen? Konnte ich mich in der Umgebung von Haert verstecken? Oder ein Pferd stehlen? Aber gab es hier in Haert überhaupt Pferde?

Ich holte meine Laute heraus, griff mit der linken Hand einige stumme Akkorde und ließ meine flinken Finger das lange Griffbrett auf und ab wandern. Zu gern hätte ich mit der rechten Hand die Saiten angeschlagen und erklingen lassen. Nur mit der linken zu greifen war so unbefriedigend wie eine Frau mit nur einer Lippe zu küssen. Ich gab es bald wieder auf.

Schließlich holte ich meinen Schattenmantel aus dem Reisesack und wickelte mich darin ein. Er war warm und weich. Ich zog mir die Kapuze so tief ins Gesicht, wie es ging, und dachte an die Nacht im Reich der Fae, in der Felurian den Schatten gesammelt hatte.

Dann dachte ich an die Universität, an Wil und Sim und an Auri, Devi und Fela. Ich war dort nie besonders beliebt gewesen, und mein Freundeskreis war entsprechend klein. Trotzdem hatte ich vergessen, was es hieß, wirklich ganz allein zu sein.

Ich dachte an meine Eltern, an die Chandrian und an Cinder. An Cinders geschmeidige Bewegungen und an das Schwert, das er wie ein Stück Eis nachlässig in der Hand gehalten hatte. Ich stellte mir vor, wie ich ihn tötete.

Dann dachte ich an Denna und an die Worte des Cthaeh, an Dennas Schirmherrn und an das, was ich im Streit zu Denna gesagt hatte. Ich dachte daran, wie sie auf der Straße ausgerutscht war und ich sie aufgefangen hatte und wie die sanfte Rundung ihrer Hüfte sich unter meiner Hand angefühlt hatte. Ich dachte an die Form ihres Mundes, den Klang ihrer Stimme und den Duft ihres Haars.

Und mit diesen Gedanken trat ich lautlos durch die Pforte des Schlafes.

Kapitel 115

Sturm und Fels

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wusste ich, was ich zu tun hatte. Meine einzige Alternative war die Schule. Ich musste mich beweisen. Und dazu musste ich so schnell wie möglich alles lernen, was Vashet mir beibringen konnte.

Ich stand also auf, als es draußen noch kaum dämmerte. Als Vashet aus ihrem kleinen Häuschen trat, wartete ich bereits. Ich war nicht gerade putzmunter, weil ich unruhig geschlafen und schlecht geträumt hatte, aber ich war bereit zu lernen.

Mir wird jetzt klar, dass ich Haert vielleicht ungenau beschrieben habe.

Es war natürlich keine Großstadt. Auch eine Stadt konnte man es beim besten Willen nicht nennen, in gewisser Hinsicht war es nicht einmal ein richtiger Ort.

Das ist nicht abschätzig gemeint. Ich bin den größten Teil meiner Kindheit mit einer Schauspieltruppe von einem Ort zum anderen gezogen. Die Hälfte solcher Ortschaften sind Dörfer, die um einen Straßenmarkt oder eine Lehmgrube entstanden sind oder an einem Flussufer, an dem sich ein Mühlrad dreht.

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Андрей Боярский

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