Читаем Zweiter Tag - Die Furcht des Weisen Band 2 полностью

Vashet wandte sich mir zu. »Dieses Land gehört uns, weil es sonst niemand will.« Sie zuckte mit den Schultern. »Oder genauer, weil niemand es wollte, haben wir uns hier niedergelassen.«

Sie hängte sich das Schwert über die Schulter und sah mich nachdenklich an. »Setz dich und hör zu. Ich will dir eine Geschichte erzählen, die sich vor langer Zeit zugetragen hat.«

Ich setzte mich ins Gras und Vashet nahm auf einem Stein Platz. »Vor langer Zeit«, begann sie, »wurden die Adem aus ihrem angestammten Land vertrieben, wir wissen nicht mehr, warum. Jedenfalls nahm uns jemand unser Land weg oder verwüstete es, und wir mussten Hals über Kopf fliehen. Lange zogen wir durch die Lande, ein Volk von Bettlern. Sobald wir uns an einem Ort niederließen und unsere Herden weideten, vertrieben unsere neuen Nachbarn uns wieder.

Wir waren damals ein wildes, kriegerisches Volk, sonst gäbe es uns heute nicht mehr. Doch waren wir unseren Gegnern zahlenmäßig unterlegen und mussten deshalb immer wieder weiterziehen. Endlich gelangten wir in dieses karge, windige Land, das niemand sonst wollte. Hier blieben wir und schlugen Wurzeln.«

Vashet ließ den Blick über die Umgebung schweifen. »Doch konnte das Land uns wenig mehr geben als eine Weide für unsere Herden, Steine und den ewigen Wind. Da wir den Wind nicht verkaufen konnten, verkauften wir unsere kriegerischen Fähigkeiten, und nach und nach wurden wir zu dem, was wir heute sind, zu gefährlichen und stolzen Kriegern, beharrlich wie der Wind und stark wie der Fels.«

Ich wartete, bis ich sicher war, dass Vashet zu Ende gesprochen hatte. »Auch mein Volk zieht von einem Ort zum anderen«, sagte ich dann. »Wir sind unstete Wanderer und unsere Heimat ist überall und nirgendwo.«

Vashet zuckte mit den Schultern und lächelte. »Ich habe dir wohlgemerkt nur eine Geschichte erzählt, eine sehr alte. Mach daraus, was du willst.«

»Ich liebe Geschichten«, sagte ich.

»Eine Geschichte gleicht einer Nuss«, meinte Vashet. »Nur ein Narr schluckt sie im Ganzen und erstickt daran. Nur ein Narr wirft sie weg, weil er sie für wertlos hält.« Sie lächelte. »Die weise Frau dagegen findet heraus, wie man die Schale knacken und den Kern essen kann.«

Ich stand auf, ging zu Vashet und küsste sie auf Hände, Stirn und Mund. »Vashet«, sagte ich, »ich bin froh, dass Shehyn mir dich als Lehrerin gegeben hat.«

»Du dummer Junge.« Vashet schlug den Blick nieder, doch sah ich, dass sie ein wenig errötete. »Komm jetzt, wir müssen gehen. Du willst doch sicher nicht die Gelegenheit verpassen, Shehyn kämpfen zu sehen.«

Sie führte mich zu einer Wiese, deren dichtes Gras von Schafen und Ziegen bis knapp über dem Boden abgeweidet war. Dort warteten bereits andere Adem. Einige hatten kleine Hocker mitgebracht oder sich Baumstämme herangerollt, um darauf wie auf Bänken zu sitzen. Vashet setzte sich einfach auf den Boden und ich folgte ihrem Beispiel.

Nach und nach versammelten sich weitere Zuschauer. Es mochten insgesamt nur etwa dreißig sein, doch hatte ich, vom Speisesaal abgesehen, noch nie so viele Adem an einem Ort erlebt. Sie unterhielten sich in ständig wechselnden Gruppen, meist zu zweit oder dritt, seltener auch für kurze Zeit zu mehreren.

Obwohl also in meiner unmittelbaren Umgebung ein Dutzend Gespräche geführt wurden, hörte ich nur ein Murmeln. Die Sprecher standen so nahe beieinander, dass sie sich berühren konnten, und der Wind im Gras übertönte ihre Stimmen.

Doch konnte ich von meinem Platz aus den Ton der jeweiligen Gespräche beurteilen. Zwei Monate zuvor hätte ich eine solche Versammlung noch als gespenstisch empfunden, als Zusammenkunft ständig zappelnder, leise flüsternder Menschen mit leeren Gesichtern. Jetzt dagegen sah ich etwa, dass es sich bei zwei Frauen um eine Lehrerin und ihre Schülerin handelte. Es ging aus dem Abstand der beiden voneinander hervor und den ehrerbietigen Gebärden der jüngeren Frau. Die drei in Rot gekleideten Männer daneben waren Freunde, die miteinander scherzten und sich dabei mit den Ellbogen anstießen. Ein weiterer Mann und eine Frau stritten sich. Die Frau war wütend, der Mann versuchte etwas zu erklären.

Ich konnte gar nicht mehr verstehen, wie ich diese Menschen je für unruhig und zappelig hatte halten können. Jede Bewegung diente einem Zweck, jede neue Fußstellung zeigte eine andere innere Haltung. Jede Gebärde sprach Bände.

Vashet und ich setzten unser Gespräch leise auf Aturisch fort. Alle Schulen verfügten über Konten bei kealdischen Geldleihern, erklärte Vashet. Ademische Söldner könnten überall, wo die kealdische Währung verwendet wurde, also praktisch in der ganzen zivilisierten Welt, den Schulanteil von ihrem Lohn darauf einzahlen. Das Geld wurde dem entsprechenden Konto gutgeschrieben und die Schule konnte darüber verfügen.

»Wieviel gibt ein Söldner denn an seine Schule ab?«, fragte ich neugierig.

»Achtzig Prozent.«

»Achtzig Prozent?« Ich hielt acht Finger hoch, um sicherzugehen, dass ich sie richtig verstanden hatte.

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Андрей Боярский

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