Sim lachte. »Hast du nicht bemerkt, mit was für einem Blick er gerade Laurel hinterher gesehen hat? Er ist doch der größte Lüstling von allen. Er sieht mehr Frauen hinterher, als ich es überhaupt je könnte, selbst wenn ich zwei Köpfe hätte, mit Hälsen, die sich drehen könnten wie bei einer Eule.«
»Da ist was dran«, gestand ich.
»Hinterhersehen ist nicht gleich hinterhersehen«, sagte Fela zu Simmon. »Wenn manche Männer einem hinterhersehen, ist das so schmierig, dass man gleich ein Vollbad nehmen will. Bei anderen Männern hingegen ist es etwas Nettes, das einem hilft, sich seiner Schönheit zu vergewissern.« Sie fuhr sich mit einer Hand durchs Haar.
»Da brauchst du doch wohl keine Vergewisserung«, sagte Simmon.
»Jeder braucht das ab und zu«, erwiderte sie. »Aber bei Kvothe ist es etwas anderes. Er ist so ernst dabei. Wenn er dich ansieht, merkst du, dass du seine ungeteilte Aufmerksamkeit genießt.« Sie lachte, als sie meinen unbehaglichen Gesichtsausdruck bemerkte. »Das habe ich gleich an dir gemocht, als wir uns kennengelernt haben.«
Simmons Miene verdüsterte sich, und ich gab mir Mühe, möglichst harmlos dreinzuschauen.
»Seit deiner Rückkehr aber ist das förmlich mit Händen zu greifen«, sagte Fela. »Wenn du mich jetzt ansiehst, merke ich, dass sich dabei hinter deinen Augen etwas abspielt. Etwas, das an süße Früchte, Schatten und Lampenschein denken lässt. Etwas Wildes, wovor die Mädchen im Märchen davonlaufen, unter einem violetten Himmel. Es ist im Grunde etwas Beängstigendes. Aber es gefällt mir.« Als sie Letzteres sagte, wand sie sich ein wenig auf ihrem Stuhl, und ein lasterhaftes Funkeln zeigte sich in ihren Augen.
Das war zu viel für Simmon. Er schob seinen Stuhl vom Tisch zurück und machte Anstalten aufzustehen. »Also gut … Dann werde ich mal … Na schön …«, sagte er, begleitet von unbeholfenen Gesten.
»Ach, Schatz«, sagte Fela und legte ihm eine Hand auf den Arm. »Beruhige dich. So war das nicht gemeint.«
»Komm mir nicht mit ›Beruhige dich‹«, erwiderte er scharf, blieb aber auf seinem Stuhl sitzen.
Fela kraulte ihm den Hinterkopf. »Du musst dir doch keine Sorgen machen.« Sie lachte, als wäre allein der Gedanke schon vollkommen lächerlich. »Du hast mich fester an dich gebunden, als du überhaupt ahnst. Aber das bedeutet doch nicht, dass ich nicht hin und wieder die eine oder andere kleine Schmeichelei genießen dürfte.«
Sim machte ein finsteres Gesicht.
»Soll ich mich etwa komplett von der Welt abkapseln?«, fragte Fela, und eine gewisse Gereiztheit schlich sich in ihren Ton und brachte einen leichten Anflug ihres modeganischen Akzents wieder zum Vorschein. »Denk doch mal dran, wie du dich fühlst, wenn Mola sich die Zeit nimmt, ein bisschen mit dir zu flirten.« Simmon erstarrte und sah aus, als wollte er gleichzeitig erröten und erbleichen. Fela lachte über seine Verwirrung. »Ach Gottchen, Sim. Glaubst du etwa, ich bin blind? Es ist doch süß, und du fühlst dich gut dabei. Was schadet es denn schon?«
Schweigen. »Ja, mag sein«, sagte Sim schließlich. Dann sah er mit unsicherem Lächeln zu mir herüber und strich sich das Haar aus den Augen. »Aber sieh mich bitte nie mit diesem Blick an, den Fela gerade geschildert hat, ja?« Sein Lächeln wurde breiter und war nun nicht mehr unsicher. »Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen könnte.«
Ich erwiderte sein Lächeln, ohne mir etwas dabei zu denken. Sim konnte das einfach: mir ein Lächeln entlocken.
»Und außerdem«, sagte Fela zum ihm, »bist du so, wie du bist, der absolut perfekte Mann für mich.« Sie küsste ihn aufs Ohr, wie um seiner sich wieder aufhellenden Laune ein Siegel aufzudrücken, und wandte sich dann wieder zu mir. »Mit dir hingegen würde ich mich für alles Geld der Welt nicht einlassen«, sagte sie ganz sachlich.
»Wie meinst du das?«, fragte ich. »Was ist denn jetzt mit meinem guten Aussehen? Mit dem ganzen dunklen, märchenhaften was auch immer?«
»Ja, du bist faszinierend. Aber ein Mädchen will mehr als das. Sie will einen Mann, der sie liebt und ihr treu ergeben ist.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich werde mich nicht an sie ranschmeißen wie all die anderen Männer zuvor. Sie hasst das. Ich habe oft genug gesehen, was dann geschieht.«
»Bist du schon mal auf den Gedanken gekommen, dass sie es umgekehrt womöglich ganz ähnlich sieht?«, fragte Fela. »Du stehst bei den Damen mittlerweile in einem gewissen Ruf.«
»Soll etwa ich mich komplett von der Welt abkapseln?«, erwiderte ich und wiederholte damit das, was sie zu Sim gesagt hatte, nur dass es bei mir schärfer klang als beabsichtigt. »Beim geschwärzten Leib Gottes, ich habe sie mit Dutzenden Männern ausgehen sehen! Wenn aber ich ein einziges Mal mit einer anderen Frau ins Theater gehe, soll das ihr gegenüber gleich ein Fauxpas sein?«
Fela sah mich freimütig an. »Du hast mehr getan als nur mit jemandem ins Theater zu gehen. Frauen erzählen sich so was.«
»Na toll. Und was sagen sie?«, fragte ich in bitterem Ton und sah in meine Suppe hinab.