Ob sie denn wenigstens Kinder habe, die sich um sie kümmern würden, hatten sie gefragt. Oh, gewiß, massenhaft, sagte sie. Töchter, die ihr den geringsten Wunsch von den Augen ablesen, Söhne, die sie die Treppe hinauf und hinunter bringen würden! Jede Menge - so viele sie wollten! Den Schwestern zu Gefallen lieferte sie sogar die Lebensläufe ihrer Kinder, obwohl ihr der Schädel dröhnte wie eine Kriegstrommel. Sie hatte sich Kleider besorgen lassen. Ihre eigenen waren in Fetzen, und der liebe Gott mußte höchst persönlich rot geworden sein, als er sah, in welchem Zustand man sie aufgelesen hatte. Sie gab eine falsche Adresse an, die zu ihrem falschen Namen paßte; sie wollte keine Nachbehandlung, keine Besucher. Und um Schlag sieben Uhr abends wurde die Ostrakowa durch einen reinen Willensakt zur Ex-Patientin, als sie vorsichtig und äußerst mühsam die Auffahrt des großen, schwarzen Krankenhauses hinunterging, um dieselbe Welt wiederzufinden, die an eben diesem Tag alles getan hatte, um sie für immer los zu werden. Sie trug ihre Stiefel, die wie sie selbst verbeult, aber wunderbarerweise ganz waren; und sie war mächtig stolz auf die Art, wie sie ihr Halt gegeben hatten. Sie trug sie immer noch. Im Dämmerlicht ihrer eigenen Wohnung, während sie in Ostrakows zerschlissenem Sessel saß und sich geduldig mit seinem alten Armeerevolver plagte, zu ergründen versuchte, wie er sich laden, entsichern und abfeuern ließ, trug sie ihre Stiefel wie eine Uniform: >Ich bin eine Einmannarmee. < Am Leben bleiben, das war ihr einziges Ziel, und je länger ihr dies gelänge, desto größer würde ihr Sieg sein. Am Leben bleiben, bis der General käme oder ihr den Magier schicken würde.
Ihnen entkommen, wie Ostrakow? Nun, das hatte sie fertig gebracht. Sie zum Narren halten, wie Glikman, sie in Ecken drängen, wo ihnen nichts anderes übrig blieb, als ihre eigene Obszönität zu betrachten. Seinerzeit, erinnerte sie sich wohlgefällig, hatte sie das auch ein bißchen betrieben. Aber überleben, wie dies keiner ihrer beiden Männer getan hatte, sich ans Leben klammern, gegen all die Bemühungen dieser seelenlosen und erdrückenden Welt von stumpfsinnigen Funktionären; ihnen jede Stunde des Tages ein Stachel im Fleisch sein, nur indem sie lebte, atmete, sich bewegte, bei Verstand blieb - das, hatte die Ostrakowa entschieden, war eine Beschäftigung, die ihres Kampfgeists, ihres Glaubens und ihrer beiden Lieben würdig war. Sie hatte sich sofort mit gebührender Hingabe ans Werk gemacht. Schon hatte sie diese Närrin von Hausmeisterin zum Einkaufen geschickt: Auch Kranksein hatte seine guten Seiten.
»Ich habe einen kleinen