Читаем Die Töchter des Drachen полностью

Es war, als träte sie ein zweites Mal auf den Balkon hinaus, aber diesmal mit offenen, sehenden Augen. Mit einem Male war alles ganz klar, ergab einen Sinn – den einzigen Sinn, den es überhaupt geben konnte. Und mit einem Male schien ihr jeder Quadratzentimeter ihrer Umgebung die Wahrheit entgegenzuschreien: dieser gigantische, leere Turm, selbst hier oben an seiner engsten Stelle noch Hunderte von Metern messend, die ungeheuerliche Tiefe, aus der ein Luftstrom wie ein nie endender Orkan emporbrauste, dieser einsamste aller Flecken, den es auf der Welt gab, der vielfach gestaffelte Todeskreis, der ihn umgab, dies alles konnte nur eine einzige Erklärung haben.

Und sie wußte sie, im gleichen Moment, in dem sie den Sturm, der aus der Erde emporbrauste, zum ersten Male bewußt wahrnahm. Und den Gestank, den er mit sich brachte.

Drachengestank.

<p>6</p>

Sie blieb länger als eine Stunde auf dem kleinen Balkon am Rande des Nichts stehen, ohne es überhaupt zu merken. Sie war wie gelähmt, nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Ihre Gedanken drehten sich im Kreise, immer und immer und immer wieder, ohne daß sie imstande war, ihren Fluß zu ändern, und sie wußte hinterher nicht mehr, was sie nun wirklich gedacht hatte, in all dieser Zeit. Tally konnte nicht in Worte fassen, was sie spürte, weil es etwas Neues war, etwas, wofür sie keine Worte hatte, eine Mischung zwischen Entsetzen und Schrecken und Erleichterung und Schmerz und anderen, fremden Gefühlen. Sie war enttäuscht, so enttäuscht und – ja: gedemütigt – wie niemals zuvor in ihrem Leben, und sie hatte allen Grund dazu. Sie fühlte sich wie ein Mensch, der das eigentlich Unmögliche vollbracht hatte, nur um festzustellen, daß es nichts war: sie hatte einen Berg erstiegen, der als unbesteigbar galt, und auf dem Gipfel angelangt erkannt, daß es in Wahrheit nichts als ein kleiner Hügel war, hinter dem sich das eigentliche Gebirge erhob.

Wozu das alles? dachte sie matt. Bitterkeit begann in ihr aufzusteigen, und für einen Moment kam ihr der Gedanke, daß all dies, die Wüste mit ihren tausendfältigen Fallen und Gefahren, der Turm mit seinen tödlichen Wächtern, nur zu dem einen Zweck errichtet worden sei, Narren wie ihr vor Augen zu führen, wie dumm und machtlos sie waren.

Aber natürlich war dies vollkommener Unsinn. Tatsache war, daß dieser Turm nichts als der erste Schritt war, die erste Stufe einer Treppe, deren Länge sie nicht einmal zu ahnen imstande war, und an deren Ende das wahre Geheimnis der Drachenreiterinnen wartete.

Der Enttäuschung folgte ein Gefühl der Leere, aber es hielt nicht lange an; denn Tally wäre nicht Tally gewesen, hätte sie nicht gleichzeitig eine noch dumpfe, aber rasch wachsende Entschlossenheit gespürt, auch die nächste Stufe des Geheimnisses zu erklimmen, und die nächste und nächste und nächste, für den Rest ihres Lebens, wenn es sein mußte.

Irgendwie ernüchterte sie dieser Gedanke. Der Schmerz in ihrem Inneren sank zu einem dumpfen Druck herab, und mit einem Male wurde sie sich ihrer Umgebung wieder bewußt: sie spürte den eisigen Wind, der ihre Finger und ihr Gesicht allmählich taub werden ließ, und das Sengen der Sonne, die ihre nackten Schultern verbrannte. Nach einem letzten, sehr langen Blick in den Abgrund wandte sie sich um und trat in die Kammer zurück.

Die beiden Wagas erwarteten sie. Hrhon hatte es sich auf dem Teppich bequem gemacht und Kopf und Glieder in seinen Panzer zurückgezogen, um auf die typische Art seines Volkes zu schlafen, während Essk unstet auf und ab ging. Tally sah, daß sie den Raum durchsucht hatte, auf die sehr direkte und sehr wirksame Weise, auf die Wagas alles tun: das Zimmer war vollkommen verwüstet. Aber obwohl der Anblick die Frau in ihr ärgerte, beruhigte er die Kriegerin in ihr: sie konnte jetzt sicher sein, daß es hier keine verborgenen Fallen mehr gab. Sie bezweifelte allerdings auch, daß es jemals welche gegeben hatte. Die beiden Frauen und ihre chitintragenden Wächter mußten sich vollkommen sicher gefühlt haben. Wäre es nicht so gewesen, hätten sie und die beiden Wagas den Turm niemals lebend erreicht. Dieser Turm war allein durch seine Konstruktion schon eine Festung, die zwei oder drei beherzte Kämpfer gegen ein ganzes Heer halten konnten, wenn es sein mußte. Tally fühlte sich sonderbar bei dem Gedanken, daß Hrhon, Essk und sie wahrscheinlich die ersten lebenden Wesen waren, die diesen Turm gegen den Willen seiner Erbauer betreten hatten. Es war kein Triumph in diesem Gefühl – sie hatten Glück gehabt, das war alles, eine unglaubliche Kombination von Zufall, Glück und sicherlich auch Mut und Kraft der Waga.

»Wasss sssollen wir thuhn?« drang Essks Stimme in ihre Gedanken. »Gehen wir sssurühck?«

Tally überlegte einen Moment, dann schüttelte sie den Kopf, schenkte der Waga ein müdes Lächeln und ließ sich mit einem erschöpften Seufzer auf dem nieder, was Essk vom Bett übriggelassen hatte. »Nein«, sagte sie.

»Wir bleiben.«

Перейти на страницу:

Все книги серии der drachenzyklus

Похожие книги

Неудержимый. Книга I
Неудержимый. Книга I

Несколько часов назад я был одним из лучших убийц на планете. Мой рейтинг среди коллег был на недосягаемом для простых смертных уровне, а силы практически безграничны. Мировая элита стояла в очереди за моими услугами и замирала в страхе, когда я выбирал чужой заказ. Они правильно делали, ведь в этом заказе мог оказаться любой из них.Чёрт! Поверить не могу, что я так нелепо сдох! Что же случилось? В моей памяти не нашлось ничего, что бы могло объяснить мою смерть. Благо судьба подарила мне второй шанс в теле юного барона. Я должен восстановить свою силу и вернуться назад! Вот только есть одна небольшая проблемка… как это сделать? Если я самый слабый ученик в интернате для одарённых детей?Примечания автора:Друзья, ваши лайки и комментарии придают мне заряд бодрости на весь день. Спасибо!ОСТОРОЖНО! В КНИГЕ ПРИСУТСТВУЮТ АРТЫ!ВТОРАЯ КНИГА ЗДЕСЬ — https://author.today/reader/279048

Андрей Боярский

Попаданцы / Фэнтези / Бояръ-Аниме