Читаем Zweiter Tag - Die Furcht des Weisen Band 2 полностью

Wahrscheinlich war zum Teil meine angeborene Neugier schuld. Es war allerdings vor allem anderen mein verletzter Stolz. Stolz und Torheit hängen zusammen wie zwei Hände, die sich festhalten.

Jedenfalls ging ich fast eine Stunde, und der Himmel über mir wurde nach und nach taghell. Ich folgte einer Art Weg, begegnete aber von einem gelegentlichen Schmetterling oder Eichhörnchen abgesehen keinem Lebewesen.

Meine Stimmung schwankte bei jedem Schritt zwischen Langeweile und Beklemmung. Schließlich wanderte ich hier durch das Reich der Fae und hätte auf Schritt und Tritt wundersamen und absonderlichen Dingen begegnen müssen wie gläsernen Burgen, brennenden Brunnen, blutrünstigen Trollen und barfüßigen alten Männern, die mir unbedingt einen Rat geben wollten …

Die Bäume wichen einer weiten, grasbewachsenen Ebene. Mit Felurian war ich bisher nur in bewaldeten Gebieten unterwegs gewesen. Die Ebene war deshalb eine deutliche Warnung, dass ich mich ungebührlich weit von dem Ort entfernt hatte, an den ich gehörte.

Trotzdem wanderte ich weiter und genoss die Sonne auf meiner Haut nach der langen Zeit auf Felurians dämmriger Lichtung in vollen Zügen. Der Weg, dem ich folgte, schien zu einem Baum zu führen, der ganz allein mitten auf der Ebene stand. Ich beschloss, noch bis zu diesem Baum zu gehen und dann umzukehren.

Ich ging eine Zeitlang, aber der Baum schien nicht näher zu kommen. Zuerst hielt ich das für eine weitere Eigenart der Welt der Fae und marschierte beharrlich weiter. Doch dann begriff ich, dass der Baum in Wirklichkeit viel größer war, als ich gedacht hatte. Viel größer und viel weiter entfernt.

Der Weg führte gar nicht zu dem Baum. Er bog davor ab und führte im Abstand von über einer halben Meile daran vorbei. Ich wollte schon umkehren, da sah ich in der Krone des Baumes ein farbiges Leuchten. Nach kurzem Hin und Her siegte meine Neugier. Ich verließ den Weg und stapfte durch das hohe Gras.

Einen solchen Baum hatte ich noch nie gesehen. Langsam näherte ich mich ihm. Er ähnelte einer riesigen, ausladenden Weide, hatte jedoch breitere Blätter von einem dunkleren Grün. Das nach unten hängende Laub war mit blassblauen Blüten übersät.

Der Wind drehte. Die Blätter bewegten sich, und ein seltsam süßer Geruch nach Rauch, Gewürzen, Leder und Zitrone stieg mir in die Nase. Ein unwiderstehliches Aroma, doch nicht von der Art, wie etwa gutes Essen riecht. Weder lief mir das Wasser im Munde zusammen noch knurrte mir der Magen. Trotzdem: Hätte ich einen Gegenstand auf einem Tisch gesehen, der so gerochen hätte, auch wenn es ein Stein oder ein Stück Holz gewesen wäre, ich hätte ihn bedenkenlos in den Mund gesteckt. Nicht aus Hunger, sondern eher aus reiner Neugier wie ein Kind.

Beim Nähertreten wurde mir erst richtig bewusst, wie schön der Anblick war, der sich mir bot. Vom tiefen Grün der Blätter hoben sich Schmetterlinge ab, die gaukelnd von Ast zu Ast flogen und an den blassblauen Blüten nippten. Was ich zuerst für ein Meer von Blumen am Fuß des Baumes gehalten hatte, war ein Teppich von Schmetterlingen, der den Boden fast vollständig bedeckte. Der Anblick war so atemberaubend schön, dass ich in einiger Entfernung stehen blieb, um die Schmetterlinge nicht aufzuschrecken.

Einige schimmerten violett-schwarz oder blau-schwarz wie die Schmetterlinge auf Felurians Lichtung, andere leuchteten grün, grau-gelb oder silbern-blau. Doch dann nahm ein einzelner, großer Schmetterling meinen Blick gefangen. Seine tiefroten Flügel waren größer als meine ausgebreitete Hand und mit einem feinen, golden glänzenden Adernetz überzogen. Ich sah ihm nach, wie er auf der Suche nach neuen Blüten tiefer in das Laub hineinflatterte.

Plötzlich bewegten sich seine Flügel nicht mehr im Einklang. Sie fielen auseinander und sanken kreiselnd zu Boden wie Blätter im Herbst.

Ich sah ihnen bis zum Fuß des Baumes nach und erkannte erst jetzt, was ich in Wirklichkeit vor mir hatte. Der Boden war nicht mit Schmetterlingen übersät, die sich ausruhen wollten … sondern mit leblosen Flügeln. Zu Tausenden bedeckten sie das Gras wie eine Decke aus Edelsteinen.

»Die roten passen für meinen Geschmack nicht dazu«, bemerkte eine Stimme sachlich. Sie kam aus dem Baum.

Ich trat einen Schritt zurück und versuchte durchs dichte Laub der Baumkrone zu spähen.

»Was für Manieren«, schalt die sachliche Stimme. »Willst du dich nicht vorstellen? Mich nur anstarren?«

»Ich bitte um Verzeihung«, sagte ich höflich. »Aber ich habe noch nie mit einem Baum gesprochen und bin daher etwas ratlos.«

»Das merkt man. Ich bin kein Baum, genauso wenig wie ein Mensch ein Stuhl ist. Ich bin der Cthaeh. Du hattest großes Glück, mich zu finden. Viele würden dich darum beneiden.«

»Worum?« Ich versuchte zu erkennen, wer da auf den Ästen des Baumes saß und mit mir sprach. Ein Märchen fiel mir ein, auf das ich während meiner Nachforschungen über die Chandrian gestoßen war. »Du bist ein Orakel«, sagte ich.

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Андрей Боярский

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