Devi lachte. »Geld ist ja ganz nett«, sagte sie mit funkelnden Augen. »Aber die Welt ist voller Dinge, die nicht käuflich sind. Gefälligkeiten und Verpflichtungen sind viel, viel wertvoller.«
Ich sah zu den neun Talenten hinüber, die schimmernd auf ihrem Schreibtisch lagen. »Du hast gar keinen Mindestdarlehensbetrag, nicht wahr?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits kannte. »Das hast du mir nur gesagt, damit ich mich noch mehr bei dir verschulden musste. Du hast gehofft, dass ich mich so tief in diese Sache hineinreite, dass ich niemals in der Lage wäre, es dir zurückzuzahlen.«
Devi lächelte strahlend. »Willkommen in meinem Spiel«, sagte sie und begann die Münzen einzusammeln. »Und vielen Dank, dass du bis hierhin mitgespielt hast.«
Kapitel 144
Schwert und Shaed
Da nun mein Geldbeutel zum Bersten gefüllt war und Alveron mit seiner Bürgschaft für meine Studiengebühren aufkam, war das Wintertrimester für mich das reine Zuckerschlecken.
Es war sehr sonderbar, an der Uni nicht mehr wie ein armer Schlucker leben zu müssen. Ich besaß Kleider, die mir passten, und konnte es mir leisten, sie waschen zu lassen. Ich konnte Kaffee oder Schokolade trinken, wann immer ich wollte. Ich musste nicht mehr ewig im Handwerkszentrum schuften, sondern konnte meine Zeit dort damit verbringen, meine Neugier zu stillen oder einfach nur zum Spaß irgendwelche Projekte zu verfolgen.
Nachdem ich fast ein Jahr lang fort gewesen war, dauerte es eine Weile, bis ich mich wieder an der Universität eingelebt hatte. Es war nach dieser langen Zeit ein seltsames Gefühl, kein Schwert mehr zu tragen. Doch mir war ja bekannt, dass so etwas dort verpönt war und ich mir damit nur unnützen Ärger eingehandelt hätte.
Zunächst ließ ich Caesura auf meinem Zimmer. Aber ich wusste ja selbst am besten, wie leicht es gewesen wäre, dort einzubrechen und das Schwert zu stehlen. Der Fallriegel an meinem Fenster hätte nur einen sehr vornehmen Dieb ferngehalten. Ein praktischer denkender Dieb hätte einfach die Fensterscheibe eingeschlagen und sich in Windeseile wieder aus dem Staub gemacht. Und da dieses Schwert buchstäblich unersetzlich war und ich versprochen hatte, es sicher zu verwahren, dauerte es nicht lange, bis ich es schließlich im Unterding versteckte.
Meinen Shaed weiterhin griffbereit zu haben, erwies sich als längst nicht so schwierig, da er mit ein wenig Aufwand seine Gestalt ändern konnte. Er blähte sich nur noch selten von allein. Häufiger schon weigerte er sich, sich so zu bewegen, wie der böige Wind es zu verlangen schien. Man sollte ja meinen, dass den Leuten so etwas auffällt, aber dem war nicht so. Selbst Wilem und Simmon, die mich damit aufzogen, dass ich diesen Mantel so mochte, sahen darin nie mehr als ein außergewöhnlich vielseitiges Kleidungsstück.
Elodin war der Einzige, der die Sache durchschaute. »Was ist denn das?«, rief er, als wir einander auf einem Hof vor dem Hauptgebäude über den Weg liefen. »Wie kommt’s, dass du enshaedet bist?«
»Wie bitte?«, fragte ich.
»Dein Mantel, Junge. Dieser Wendemantel. Wie in Gottes Namen kommst du denn zu einem Shaed?« Er hielt mein Erstaunen für Unwissenheit. »Weißt du denn überhaupt nicht, was du da trägst?«
»Doch, ich weiß, was das ist«, erwiderte ich. »Ich wundere mich bloß, dass Ihr es wisst.«
Da guckte er gekränkt. »Ich wäre ja wohl kein allzu fähiger Namenskundler, wenn ich so einen Fae-Mantel nicht schon von weitem erkennen würde.« Er befühlte den Saum. »Oh, wunderschön. Ein Stück alter Magie, das nur selten ein Mensch in die Finger bekommt.«
»Es ist eigentlich eher neue Magie«, sagte ich.
»Wie meinst du das?«, fragte er.
Als klar wurde, dass ich zur Erklärung ziemlich weit ausholen musste, lud mich Elodin in eine kleine, gemütliche Schenke ein, die ich noch gar nicht kannte. Ja, ich zögere, dieses Lokal überhaupt als Schenke zu bezeichnen. Dort hockten keine schwatzenden Studenten herum, und es roch auch nicht nach Bier. Es war vielmehr ein stiller, schummrig beleuchteter Raum mit einer niedrigen Decke, in dem bequeme Sessel standen und es nach Leder und altem Wein duftete.
Wir ließen uns in der Nähe eines warmen Ofens nieder und tranken Glühwein, und dann erzählte ich ihm die ganze Geschichte meines unbeabsichtigten Ausflugs ins Reich der Fae. Für mich war das eine enorme Erleichterung. Ich hatte an der Universität noch niemandem davon erzählt, aus Furcht, mich zum allgemeinen Gespött zu machen.
Elodin erwies sich als erstaunlich aufmerksamer Zuhörer. Ganz besonders interessierte ihn die Auseinandersetzung zwischen Felurian und mir, als sie versucht hatte, mich ihrem Willen zu unterwerfen. Als ich zu Ende erzählt hatte, bombardierte er mich mit Fragen. Ob ich noch wüsste, was genau ich gesagt hatte, um den Wind herbeizurufen? Und wie hatte es sich angefühlt? Die eigenartige Wachheit, die ich ihm schilderte – ähnelte sie eher einem Alkoholrausch oder dem Anfangsstadium eines Schocks?