Читаем Wie der Soldat das Grammofon repariert полностью

Zwei höchstens Zehnjährige stießen mit Queues die weiße Kugel gegen die Bande. Kemo warf eine Münze für sie ein und fuhr dem kleineren der beiden durch das flachsblonde Haar. Die Kugeln rumorten im Tisch, im Teletext blinkten die ersten Live-Ergebnisse, draußen wurde es dunkel. Wir sprachen über Roter Stern, wir sprachen über die Nationalmannschaft damals und die Nationalmannschaften heute, Mesud sagte: wären wir heute ein Land, wären wir unbesiegbar. Der Flachsblonde versenkte eine Kugel nach der anderen, Benfica, schrie jemand plötzlich, sind doch Hurenböcke alles!, ein Stuhl fiel um, am Nachbartisch erzählte jemand, dass sein Cousin Husein jeden Tag mit Scheiße gefüllte Briefe an die Staatsanwaltschaft schickt, ein anderer fragte, was das an Porto kostet, dann verlor ich den Faden. Der flachsblonde Junge trank Fanta aus der Dose und traf die Zehn, die Zehn traf die Vierzehn und die Vierzehn verschwand im Loch. Ein Trainingsanzug meinte: kennt ihr den?, und ich hätte einfach warten müssen, aber ich fragte: kennen, wen?, und der Trainingsanzug erzählte einen Witz. Ich wollte alles ganz genau wissen und sofort, und wusste über nichts Bescheid.

Mujo und Suljo gehen spazieren. Plötzlich fällt Mujo um. Suljo ruft den Notarzt an: Schnell, ich glaube Mujo ist tot! Der Notarzt: alles mit der Ruhe, vergewissern Sie sich zuerst, ob er wirklich tot ist. Es herrscht kurz Stille, dann hört man einen Schuss. Suljo in sein Telefon: Und was jetzt?

Der Flachsblonde deutete mit dem Queue auf die Schwarze, dann auf das Loch in der Mitte und lehnte nach dem Stoß das Queue gegen den Tresen. Sein Gegner zahlte ihm eine zweite Fanta und verließ kopfschüttelnd das Café. Seine Kugeln waren alle noch auf dem Tisch, Kemo nickte anerkennend, der Junge nickte ernst zurück.

Hier wirst du zweierlei Leute finden, wandte sich Mesud zu mir: die, die alles vermissen und die, die über alles schimpfen. Ich selbst schimpfe nie über das Vermissen und werde nie das Schimpfen vermissen. Er hob die Schultern und grinste übers ganze Gesicht. Zweiundsechzig in Chile, rief er, dem Land ging es gut, und wenn es dem Land gut geht, geht es auch dem Sport nicht schlecht. Heute ist es so: scheiße hier – scheiße dort. Dann, Halbfinale gegen die Tschechen. Pele hat damals gesagt, der beste Spieler überhaupt, noch besser als er selbst, sei die Nummer Zehn von den Jugoslawen. Er hat den Namen nicht aussprechen können, umso lieber sag ich ihn: Dragoslav Šekularac!

Mesud lehnte sich zurück und sah mich an. Der Name sagte mir nichts. Ich nickte, sagte: Dragoslav, ja.

Die besten Auswärtsfahrten waren Split und Rijeka, warf Kemo ein, und auch sein Gesicht erhellte sich. Die Siebziger an der Adria, mein lieber Hase! Wir haben Tschechinnen mit ins Stadion genommen! Wie diese Spiele ausgegangen sind … keine Ahnung, Bruder. Die schrieben uns danach Briefe und im Krieg schickten sie Zigaretten.

Auf die Frage, wer gerade die Tabelle in Bosnien anführt, gab Kemo zwei Löffelpyramiden Zucker in seinen Verlängerten und schüttelte den Kopf: ach was, Bosnien …, winkte er ab. Du kannst auf das letzte Kaff in Finnland wetten, aber hier, auf die eigene Liga, vergiss es!

Was Kleines, sagte Mesud, was Süßes, sagte Kemo später am Abend, als die meisten Spiele liefen und jeder nur noch auf die Teletext-Tafeln starrte. Ich besorgte uns Spinatfladenbrot, Kajmak und Baklawa. Als ich mit dem Essen zurückkam, empfing mich Jubel. Inter war in Führung gegangen.

Woher kommst du eigentlich?, fragte Mesud, den Blick auf das warme Fladenbrot gerichtet.

Aus Višegrad, sagte ich und dachte zum ersten Mal seit Stunden wieder an Asija, an Oma Katarina, an meine Listen. Die Reise fühlte sich gerade nicht wie eine Reise an.

Gut. Gute Stadt. Mesud biss in das Fladenbrot. Drina ist ein guter Fluss, gute Fußballer hatte sie nie. Bis auf einen vielleicht. Kemo, kannst du dich an – und jetzt wird Mesud »Kiko« sagen und »erinnern«. Wie hat der noch mal richtig geheißen? Er ist direkt aus der Jugend zu den Profis. Einen Kopfball nach dem anderen hat er reingewuchtet. Eine Sprungkraft, wird Mesud schwärmen, aufstützen musste der sich nicht. Mann, Mann, Mann, auf der Tribüne hast du es knallen gehört! Kiko, wird Mesud sagen, Kiko von der weichen Drina. Wie du.

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