Tally war zahllosen Hornköpfen begegnet, seit sie bei Hraban und der Sippe lebte, und manche davon hatten dieses Scheusal an bizarrem Aussehen noch in den Schatten gestellt – aber sie alle waren
Seine faustgroßen Facettenaugen waren ausdruckslos und starr wie die aller Insekten, und doch spürte Tally mit unerschütterlicher Gewißheit, daß sie einem
Es war ihr unmöglich, sich dem Blick dieser Augen zu entziehen. Die starren, in allen Farben des Regenbogens funkelnden kristallenen Halbkugeln lähmten sie, und es war etwas... saugendes in ihrem Blick, etwas, als griffe eine unsichtbare Kralle blitzartig in Tallys Kopf und drehte das Unterste ihrer Gedanken zuoberst. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte Tally die entsetzliche Vorstellung, daß das Ungeheuer ein natürlicher Telepath sein könne, und daß ihr Plan im gleichen Moment zum Scheitern verurteilt war, in dem es sie ansah.
Aber dann löste sich der Blick dieser entsetzlichen Kristallaugen von ihr, und der schwarzglänzende Gigant wandte sich wieder um und beugte sich zu der Menschenfrau herab, die ihm Befehle erteilte. Tally atmete erleichtert auf. Ihre Knie zitterten so heftig, daß sie sich gegen die Wand lehnen mußte, gegen die Maya sie gestoßen hatte.
»Du bewachst sie!« befahl die Frau Maya. »Wir sehen uns ein wenig um. Und kein Wort!«
Maya nickte, wenn Tally ihr auch ansah, daß ihr zumindest der zweite Teil des Befehles nicht sonderlich behagte. Das zornige Funkeln in ihren Augen war etwas, was Tally nur zu gut kannte; statt sie einfach nur zu bewachen, hätte Maya wohl nichts lieber getan, als die Antworten auf ihre Fragen aus ihr herauszuprügeln. Aber sie widersprach mit keinem Wort, sondern trat nur einen Schritt zurück, tauschte das Schwert in ihrer Hand gegen eine der kleinen Waffen und durchbohrte Tally mit Blicken, während die beiden anderen Frauen und die Hornköpfe die Kammer wieder verließen – eine in der Richtung, aus der sie gekommen waren, die andere durch die turmabwärts führende Tür. Ihre Schritte verklangen rasch auf dem steinernen Boden.
»Wer... wer seid Ihr, Herrin?« fragte Tally, nachdem sie allein waren. Ihre Stimme zitterte vor Aufregung, was Maya mit Sicherheit für Angst halten würde. Tally war es nur recht – letztendlich spielte sie die Ahnungslose, die im Schlaf überrascht worden war und noch gar nicht so recht begriff, wie ihr geschah. »Seid Ihr... gehört Ihr zu denen, die diesen Turm...«
»Halt den Mund«, unterbrach sie Maya grob. »Wir reden, wenn Lyss zurück ist. Bis dahin hast du Zeit, dir ein paar plausible Erklärungen für das hier...« Sie machte eine weit ausholende Bewegung mit der freien Hand, »... einfallen zu lassen.«
Tally verstummte gehorsam. Maya schien gehörigen Respekt vor dieser Lyss zu haben, wenn sie ihre Befehle selbst dann befolgte, wenn diese nicht dabei war. Zweifellos war Lyss die Führerin der kleinen Gruppe, und daß sie Maya daran gehindert hatte, Tally zu schlagen, hieß noch lange nicht, daß sie die Sanftmütigere von beiden war. Tally überlegte einen Augenblick, was
Nicht, daß es ihr im Ernstfall viel genutzt hätte, dachte Tally spöttisch. Maya saß weniger als zwei Schritte entfernt, und in einer sehr unvorteilhaften Haltung. Eine blitzschnelle Drehung, ein Tritt, und sie würde dieser schwarzäugigen Schönheit den Lauf ihrer eigenen Waffe zwischen die Zähne oder sonst wohin schieben, ehe sie überhaupt begriff, wie ihr geschah. Natürlich tat sie es nicht – sie hatte dieses Risiko nicht auf sich genommen, um die drei Drachenreiterinnen zu töten – wenigstens jetzt noch nicht – sondern um an Informationen zu kommen. Aber allein das Wissen, es tun zu können, wenn sie es wollte, gab ihr einen guten Teil ihrer gewohnten Selbstsicherheit zurück.