Es ging trotz allem sehr schnell – auf jedem der beiden Drachen saßen fast ein Dutzend von Jandhis schwarzgekleideten Kriegerinnen, und Tally mußte ihre Bewegungen nicht länger als einen Herzschlag beobachten, um zu erkennen, daß sie es diesmal nicht mit Kindern wie Nil zu tun hatten, sondern mit Elitetruppen; Frauen, deren Bewegungen so schnell und präzise wie die von Maschinen waren. Jandhis Garde, wenn sie so etwas hatte, dachte Tally spöttisch.
Sie bewegte sich nicht. Die Drachenreiterinnen schwärmten rasch und beinahe lautlos aus und bildeten einen doppelten, zur Wüste hin offenen Kreis, in dessen Zentrum sich Angella und Hrhon befanden. Vier oder fünf der schlanken Gestalten traten auf sie selbst zu, sehr langsam, vorsichtig und mit angelegten Waffen.
Die Gesichter der Kriegerinnen waren hinter den heruntergeklappten Visieren ihrer Helme verborgen, so daß sie den Ausdruck darauf nicht erkennen konnte – aber Tally spürte die Nervosität der fünf Kriegerinnen. Mit einem leisen Gefühl der Beunruhigung kam ihr zu Bewußtsein, daß sie nicht irgendwer war. Sie hatte eine Spur von Blut aus jenem verfluchten Turm in der Gehran-Wüste bis hierher gezogen. Die bloße Erwähnung ihres Namens mußte diese Frauen mit Furcht oder Haß oder beidem erfüllen.
Sehr vorsichtig senkte sie die Hände, trat den Kriegerinnen einen Schritt entgegen und blieb wieder stehen, als sich eine Waffe drohend auf ihr Gesicht richtete.
»Keine Angst«, sagte sie. »Wir geben auf.«
Wenn die Kriegerinnen ihre Worte überhaupt hören, so reagierten sie nicht darauf. Vier von ihnen bildeten einen Kreis um Tally, die Waffen im Anschlag, aber so haltend, daß sie sich nicht gegenseitig treffen konnten, während die fünfte um sie herumtrat und sie rasch und sehr gründlich durchsuchte. Sie fand nichts. Tallys Dolch – die einzige Waffe, die sie noch bei sich getragen hatte – lag irgendwo draußen in der Wüste.
Trotzdem wurden ihre Hände auf den Rücken gebunden; so fest, daß es schmerzte und Tally schon nach Sekunden fühlte, wie ihr das Blut abgeschnürt wurde. Erst dann traten zwei ihrer vier Bewacherinnen zur Seite; sie bekam einen groben Stoß in den Rücken, dann griffen schlanke, aber sehr kräftige Hände unter ihre Achseln. Sie wurde mehr auf Angella und Hrhon zugeschleift, als sie aus eigener Kraft ging.
Angella blickte ihr aus vor Schrecken geweiteten Augen entgegen. Sie war gebunden wie Tally, und auch neben ihr standen zwei der gesichtslosen schwarzen Kriegerinnen, während Hrhon ein Stück zur Seite geführt worden war. Er war nicht gebunden – Jandhis Kriegerinnen schienen zu wissen, wie wenig Zweck es hatte, einen Waga fesseln zu wollen – aber die Läufe eines Dutzends Laserwaffen waren auf ihn gerichtet. Tally betete lautlos, daß Hrhon nicht die Nerven verlieren und einen Fehler machen würde.
»Was geschieht jetzt, Tally?« fragte Angella. »Wir –« Eine ihrer beiden Bewacherinnen versetzte ihr einen Kolbenstoß, der sie stöhnend in die Knie brechen ließ.
»Nicht sprechen!«
»Was soll das?!« fragte Tally scharf. »Wir haben uns ergeben!«
Ein zweiter Kolbenhieb traf nun auch ihre Rippen; nicht halb so fest wie der, den Angella bekommen hatte, aber heftig genug, ihr die Luft aus den Lungen zu treiben. »Schweigt!« sagte eine harte Stimme. »Niemand spricht, bis Jandhi kommt.«
Angella stemmte sich stöhnend in die Höhe. Ihr Gesicht zuckte vor Schmerz, aber in ihren Augen flammte schon wieder diese unbezähmbare Wut, die Tally so sehr an ihr kannte und fürchtete. Plötzlich war sie sehr froh, daß Angella gefesselt war. »Dafür bringe ich dich um, Schätzchen«, stöhnte diese. »Mein Wort darauf!«
Die Frau neben ihr hob das Gewehr, schlug aber nicht noch einmal zu, sondern beließ es bei einer warnenden Bewegung. Angella starrte sie haßerfüllt an. In ihrem Gesicht arbeitete es. Tally sah, wie sich ihre Muskeln spannten, als sie vergeblich versuchte, die Fesseln zu sprengen.
»Nicht, Angella«, sagte sie rasch. »Keine Angst – sie werden dir nichts tun. Ich bin es, die sie wollen.« In Angellas Augen blitzte es abermals auf. Aber sie war klug genug, ihre Bewacherin nicht weiter zu reizen, sondern sich nur mit einem wütenden Ruck herumzudrehen.
Und auch Tally schwieg. Sie verspürte eine absurde Erleichterung. Der gefährliche Moment war vorüber, das wußte sie. Jandhis Kriegerinnen würden sie nicht töten, jedenfalls nicht jetzt. Aber sie hatten nicht mehr viel Zeit. Wellers