"Nein, ich habe keine", gab George zurück. "Meine Eltern haben ein ganz dickes Buch, und wenn ich nach Hause komme, lese ich ihnen etwas daraus vor." (Georges größtes Problem bestand im Augenblick daraus, daß er nicht recht wußte, was er mit seinen Händen anfangen sollte. Er war ermahnt worden, sich weder am Kopf zu kratzen noch in der Nase zu bohren noch die Hände in die Hosentaschen zu versenken. Damit waren die Möglichkeiten eigentlich fast erschöpft.)
Trevelyan steckte
Trevelyan senior hatte sieben Jahre lang auf Diporia als Metallurg gearbeitet und verdankte dieser Tatsache sein gesellschaftliches Ansehen, obwohl er nach seiner Pensionierung auf die Erde zurückgekehrt war.
Offiziell wurden diese Rückkehrer aus bevölkerungspolitischen Gründen nicht gern gesehen, aber trotzdem kamen jedes Jahr einige zurück. Die Lebenshaltungskosten waren auf der Erde wesentlich niedriger, so daß ein bescheidenes Einkommen auf Diporia hier ein verhältnismäßig luxuriöses Leben gestattete.
"Mein Vater macht sich auch keine Sorgen. Er will mich nur lesen hören, weil er weiß, daß ich es bestimmt gut kann. Ich schätze, daß dein Vater dich lieber nicht vorlesen läßt, weil er weiß, daß du alles falsch liest."
"Ich lese nichts falsch. Lesen ist
"Weil
"Wie kommt es dann, daß ich nach Novia auswandern werde?"
George war so wütend, daß er zum erstenmal widersprach. "Wer sagt denn, daß sie dich dort nehmen? Ich wette, daß du auf der Erde bleibst."
Stubby Trevelyan wurde rot. "Aber jedenfalls nicht als Installateur wie dein Alter."
"Nimm das sofort zurück, du Trottel!"
"Nimm du
Sie standen sich mit geballten Fäusten gegenüber. Aber noch bevor die Rauferei beginnen konnte, erklang eine Frauenstimme aus den Lautsprechern. George ließ die Hände sinken und vergaß Trevelyan.
"Kinder", sagte die Stimme, "wir werden jetzt eure Namen aufrufen. Jedes Kind, das seinen Namen hört, geht zu einem der Männer hinüber, die an den Seitenwänden stehen. Seht ihr sie? Sie tragen rote Uniformen. Mädchen gehen nach links, Jungens nach rechts. Seht euch um und merkt euch den Mann, der euch am nächsten steht..."
George fand sofort einen und wartete darauf, daß sein Name aufgerufen wurde. Er wußte noch nicht, wie weit unten sein Name im Alphabet stand, deshalb warf er einen besorgten Blick zu dem Lautsprecher hinauf, der immer wieder andere verkündete.
Als der Name "George Platen" endlich aufgerufen wurde, stieß er einen erleichterten Seufzer aus und freute sich gleichzeitig, daß Stubby Trevelyan noch immer an seinem Platz stand.
"He, Stubby, vielleicht wollen sie dich gar nicht", rief er ihm zu, während er selbst auf den Mann in der roten Uniform zuging.
Seine Fröhlichkeit machte jedoch bald einer gewissen Niedergeschlagenheit Platz, als er nach der gründlichen ärztlichen Untersuchung allein in einem Wartezimmer saß. Er betrachtete die Karteikarte, die er in dem nächsten Raum abgeben sollte. Kleine schwarze Kringel in verschiedenen Formen. Er wußte, daß das Buchstaben waren, aber wie wurden daraus Wörter? Er schüttelte verwirrt den Kopf.
Endlich erklang sein Name aus dem Deckenlautsprecher. George betrat den großen Raum, der voller eigenartiger Maschinen stand. In der Mitte des Raumes saß ein Mann hinter einem Schreibtisch und sortierte Papiere.
Er fragte: "George Platen?"
"Jawohl, Sir", sagte George mit zitternder Stimme.
"Ich bin Doktor Lloyed, George", sagte der Mann hinter dem Schreibtisch. "Wie geht es dir?"
Der Arzt sah nicht auf, während er mit George sprach.
"Danke, gut."
"Hast du Angst, George?"
"N-nein, Sir", antwortete George nicht sehr überzeugend.
"Das ist gut", meinte der Arzt, "weil du wirklich keine zu haben brauchst. Schön, George, hier auf deiner Karte steht, daß dein Vater mit Vornamen Peter heißt und ein Registrierter Installateur ist. Deine Mutter heißt Amy und ist eine Registrierte Heimtechnikerin. Stimmt das?"
"J-ja, Sir."
"Du bist am dreizehnten Februar acht geworden und hast vor etwa einem Jahr die Masern gehabt. Richtig?"
"Richtig, Sir."
"Weißt du, woher ich das alles weiß?"
"Es steht auf der Karte, glaube ich, Sir."
"Genau." Der Arzt sah zum erstenmal auf und lächelte George an. Er war viel jünger, als George vermutet hatte. George fühlte, daß seine Nervosität allmählich schwand.
Der Arzt gab ihm die Karte in die Hand. "Weißt du, was das alles heißt, George?"
George warf einen kurzen Blick darauf und überzeugte sich, daß er die Zeichen nicht besser verstand als zuvor im Wartezimmer. Er gab die Karte zurück und antwortete wahrheitsgemäß: "Nein, Sir."
"Und weshalb nicht?"
George zweifelte einen Augenblick lang an der geistigen Verfassung des Arztes. Kannte er den Grund dafür wirklich nicht?
"Ich kann nicht lesen, Sir", antwortete er dann.
"Möchtest du es lernen?"
"Jawohl, Sir."
"Warum, George?"