Читаем Zweiter Tag - Die Furcht des Weisen Band 2 полностью

Sie zeigte auf mich. »Aber du als Musiker? Du spielst vor einem ganzen Saal, vor vielen Menschen gleichzeitig. Und wofür? Ein paar Pennys? Eine Mahlzeit?« Sie sah mich ernst an. »Und dasselbe tust du immer wieder, Abend für Abend. Vor ganz beliebigen Menschen.«

Sie schüttelte den Kopf, erschauerte und machte mit der linken Hand unwillkürlich die Gesten für Erschrecken, Abscheu und Tadel. Auf beiden Ebenen zugleich emotionale Zeichen von ihr zu empfangen war furchterregend.

Ich sah mich auf einmal nackt auf der Bühne des EOLIAN stehen. Dann schob ich mich nackt durch die Zuhörer und drückte mich an sie, egal ob sie jung oder alt waren, dick oder dünn, reich, adlig oder mittellos. Es war eine ernüchternde Vorstellung, und ich verdrängte sie rasch.

»Aber die achtunddreißigste Stellung des Ketan heißt Lautenspiel«, protestierte ich. Ich klammerte mich an einen Strohhalm, das war mir klar.

»Und die zwölfte Schlafender Bär.« Vashet zuckte mit den Schultern. »Doch es gibt hier weder Bären noch Löwen, noch Lauten. Manche Namen enthüllen etwas. Die Namen des Ketan dagegen sollen die Wahrheit verbergen, damit wir über sie sprechen können, ohne ihre Geheimnisse der Öffentlichkeit preiszugeben.«

»So ist das also«, sagte ich nach kurzem Schweigen. »Aber viele von euch sind doch in der Welt herumgekommen. Du selbst sprichst ein schönes und sehr ausdrucksvolles Aturisch. Bestimmt weißt du auch, dass jemand, der singt, nicht zwangsläufig ein schlechter Mensch ist.«

»Du kennst die Welt ebenfalls«, erwiderte Vashet ruhig. »Und du weißt auch, dass es nicht zwangsläufig schlecht ist, wenn man es in einem belebten Schankraum, direkt vor dem Kamin, hintereinander mit drei Männern oder Frauen treibt.« Sie sah mich vielsagend an.

»Der Steinboden wäre vermutlich etwas hart«, meinte ich.

Vashet kicherte. »Aber angenommen, auf dem Boden läge eine Decke? Wie würdest du so jemanden nennen?«

Wenn sie mich das zwei Spannen zuvor gefragt hätte, kurz nach meiner Rückkehr von Felurian, hätte ich die Frage womöglich nicht verstanden. Wäre ich noch länger bei Felurian geblieben, wäre mir Sex vor dem Kamin am Ende ganz normal vorgekommen. Aber ich lebte schon eine ganze Weile wieder in der Welt der Menschen …

Eine Hure, dachte ich stumm, eine billige, schamlose Hure. Ich war froh, dass ich niemandem von Tempis Wunsch, Laute zu lernen, erzählt hatte. Wie musste er sich für sein unschuldiges Verlangen geschämt haben! Bei der Vorstellung, er habe vielleicht schon als Junge Musik machen wollen, aber aus Scham nie davon gesprochen, wurde mir ganz weh ums Herz.

Mein Gesicht musste meine Gefühle verraten haben, denn Vashet ergriff meine Hand und drückte sie. »Ich weiß, dass ihr das nur schwer verstehen könnt. Schließlich habt ihr nie in Erwägung gezogen, dass es auch anders sein könnte.«

Meine Gedanken überschlugen sich. »Aber wie haltet ihr Kontakt zur Außenwelt, wenn keine Schauspieler von Stadt zu Stadt ziehen?«, fragte ich. »Wie erfahrt ihr, was es Neues gibt?«

Vashet grinste schief und wies auf die windgepeitschte Landschaft. »Meinst du, dass man sich hier übermäßig für die Geschehnisse der Welt interessiert?« Sie ließ den Arm wieder sinken. »Aber es ist nicht so schlimm, wie du denkst. Reisende Händler sind hier willkommener als an den meisten anderen Orten und Kessler sowieso. Außerdem reisen wir auch selbst. Wer sich als Söldner verdingt, lernt andere Länder kennen und kehrt mit Nachrichten zurück.«

Sie legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter. »In seltenen Fällen kommt sogar ein Sänger oder Musikant durch Haert. Er spielt dann allerdings nicht für die ganze Stadt auf einmal, sondern nur für eine Familie. Und selbst dort sitzt er beim Spielen hinter einem Wandschirm, damit ihn niemand sieht. Daran erkennt man übrigens die Musiker der Adem: Sie tragen auf Reisen hohe Wandschirme auf dem Rücken.« Vashet schürzte die Lippen. »Aber selbst sie stehen nicht im besten Ruf. Ihre Kunst wird geschätzt, ist aber nicht ehrenhaft.«

Ich atmete ein wenig auf. Dass Künstler irgendwo nicht willkommen sein könnten, kam mir völlig abwegig, ja krank vor. Dass anderswo andere Sitten herrschten, konnte ich mir dagegen eher vorstellen. Sich dem jeweiligen Publikum anzupassen ist den Edema Ruh so vertraut wie das Wechseln der Kostüme.

»So halten wir es jedenfalls hier«, fuhr Vashet fort, »und du tätest gut daran, dich früher oder später damit abzufinden. Ich sage das als Frau, die viel gereist ist. Ich habe acht Jahre lang unter Barbaren gelebt und sogar in einer größeren Gruppe einem Musiker zugehört.« Sie sagte es stolz und mit trotzig schräg gelegtem Kopf. »Und zwar mehr als nur einmal.«

»Hast du je vor anderen gesungen?«, fragte ich.

Vashet Miene versteinerte sich. »Diese Frage ist sehr unhöflich«, sagte sie steif. »Damit machst du dir hier keine Freunde.«

»Ich meine doch nur, wenn du es versuchen würdest, würdest du vielleicht feststellen, dass es gar nicht schlimm ist. Musik bereitet den Menschen viel Freude.«

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Андрей Боярский

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