Читаем Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7) полностью

Die halbe Nacht redete die Ostrakowa mit dem Magier, so hingegeben, wie sie es nur zu Glikmans Zeiten getan hatte. Zuerst erzählte sie alles wieder von vorne, erlebte es nochmals in allen Einzelheiten und entdeckte zu ihrer Überraschung, wie lückenhaft ihr Brief war, den der Magier auswendig zu kennen schien. Sie erklärte ihm ihre Gefühle und ihre Tränen; ihren schrecklichen inneren Aufruhr; sie beschrieb die Tölpelhaftigkeit ihres schwitzenden Peinigers. Er war so unfähig - sagte sie immer wieder verwundert - als wäre es sein erstes Mal gewesen, sagte sie - keinen Schliff, kein Selbstvertrauen. Komisch, sich den Teufel als Stümper vorzustellen! Sie erzählte von dem Schinkenomlett mit frites und dem Bier, und er lachte; von ihrem Eindruck, daß dieser Mann gefährlich schüchtern und verklemmt sei - kein Frauenfreund. Meist stimmte der kleine Magier ihr herzlich zu, als seien er und der Rothaarige alte Bekannte. Sie vertraute dem Magier völlig, wie der General es ihr nahegelegt hatte; sie war des ewigen Argwohns müde. Sie redete, dachte sie später, so rückhaltlos wie damals mit Ostrakow in ihrer Heimatstadt, als die beiden ein junges Liebespaar gewesen waren, während der Nächte, da sie glaubten, es wäre jeweils die letzte in ihrem Leben, aneinandergeklammert, unter dem näherrückenden Kanonendonner der Belagerer; oder mit Glikman, während sie darauf warteten, daß »sie« an die Tür hämmern und ihn wieder ins Gefängnis zurückbringen würden. Sie sprach zu seinem alerten und verstehenden Blick, zu dem Lachen in ihm, zu der Toleranz, die, wie sie sofort spürte, der bessere Teil seiner unorthodoxen und vielleicht antisozialen Natur war. Und je länger sie sprach, um so mehr sagte ihr der weibliche Instinkt, daß sie in ihm eine Leidenschaft schürte - keine Liebe in diesem Fall, sondern einen scharfen und präzisen Haß, der auch der kleinsten Frage, die er stellte, Durchschlagskraft und Treffsicherheit verlieh. Was und wen er genau haßte, konnte sie nicht sagen, aber sie fürchtete für jeden, sei es nun der rothaarige Fremde oder sonstwer, der das Feuer dieses kleinen Magiers auf sich gezogen hatte. Glikmans Leidenschaft, so erinnerte sie sich, war eine allgemeine, eine diffuse Leidenschaft gewesen, die sich fast zufällig auf eine Reihe von Symptomen konzentrierte, kleine oder große. Die des Magiers aber war einstrahlig, gezielt auf einen Punkt gerichtet, den sie nicht sehen konnte.

Als der Magier sie schließlich verließ - mein Gott, dachte sie, es ist ja beinah Zeit, zur Arbeit zu gehen! - hatte die Ostrakowa ihm jedenfalls alles gesagt, was sie zu sagen hatte, und der Magier hatte seinerseits in ihr Gefühle geweckt, die seit Jahren, bis zu dieser Nacht, ausschließlich der Vergangenheit angehört hatten. Während sie benommen die Teller und Flaschen wegräumte, brachte sie es, trotz der Komplexität ihrer Gefühle für Alexandra, für sich selbst und für ihre beiden toten Männer fertig, über ihre weibliche Torheit zu lachen.

»Und dabei kenne ich nicht einmal seinen Namen!« sagte sie laut und schüttelte spöttisch den Kopf. »Wie kann ich Sie erreichen?« hatte sie gefragt. »Wie kann ich Sie benachrichtigen, wenn er wieder auftaucht?«

Gar nicht, hatte der Magier geantwortet. Aber sollte die Sache sich zuspitzen, dann könne sie wieder an den General schreiben, unter seinem englischen Namen und einer anderen Adresse. »Mr. Miller«, sagte er ernst, mit Betonung auf der zweiten Silbe, und gab ihr eine Karte, auf der eine Londoner Adresse in Großbuchstaben von Hand gedruckt war. »Aber seien Sie diskret«, mahnte er. »Sie müssen sich indirekt ausdrücken.«

An diesem ganzen Tag und noch viele weitere Tage hindurch bewahrte die Ostrakowa zuvorderst in ihrem Gedächtnis das letzte, schwindende Bild des Magiers, wie er von ihr fort und das schlecht beleuchtete Treppenhaus hinabglitt. Seinen letzten flammenden Blick, voll angespannter Entschlossenheit und Erregung: »Mein Wort, ich pauke Sie heraus. Und Dank, daß Sie mich zu den Waffen riefen.« Seine kleine weiße Hand, die auf dem breiten Treppengeländer hinunterflatterte, Runde um Runde, in einer sich verengenden Spirale von Abschiedsgrüßen, wie ein Taschentuch aus einem Eisenbahnfenster winkt, bis es in der Dunkelheit des Tunnels verschwindet.

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