Читаем Paganinis Fluch полностью

»Bitte, sagen Sie mir, dass sie lebt«, flüstert sie Joona zu, »sagen Sie es, Joona Linna.«

Joona fühlt, wie er verkrampft, während er Claudia Fernandez behutsam über den Rücken streicht.

»Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um …«

»Sie lebt, sagen Sie es«, unterbricht Claudia ihn. »Sie muss leben.«

»Ich werde sie finden«, sagt Joona. »Ich weiß, dass ich sie finden werde.«

»Sagen Sie, dass Penelope lebt.«

Joona zögert und begegnet Claudias finsterem Blick, Gedanken huschen durch seinen Geist und verknüpfen sich zu flüchtigen Kombinationen, und plötzlich hört er sich sagen:

»Sie lebt.«

»Ja«, flüstert Claudia.

Joona senkt den Blick, bekommt die Gedanken, die noch vor wenigen Sekunden durch sein Bewusstsein zogen und ihn veranlassten, seine Meinung zu ändern und Claudia Fernandez zu bestätigen, dass ihre ältere Tochter noch lebt, nicht mehr zu fassen.

Spende Boerse

16

Der Irrtum

Joona begleitet Claudia Fernandez zum wartenden Taxi, hilft ihr hinein und bleibt stehen, bis der Wagen verschwunden ist. Dann durchwühlt er seine Taschen nach seinem Handy, muss aber erkennen, dass er es irgendwo vergessen hat. Also eilt er in die rechtsmedizinische Abteilung zurück, geht schnell in Åhléns Büro, nimmt dessen Telefon aus der Basisstation, setzt sich auf den Schreibtischstuhl und wählt Erixons Nummer.

»Lass die Leute ausschlafen«, meldet sich Erixon. »Immerhin ist heute Sonntag.«

»Gib zu, dass du auf dem Boot bist.«

»Ich bin auf dem Boot«, gesteht Erixon.

»Also gab es keine Sprengladung«, sagt Joona.

»Nicht im üblichen Sinne – aber du hattest trotzdem recht. Es hätte jederzeit explodieren können.«

»Wie meinst du das?«

»Die Kabelisolierung ist an einer Stelle stark beschädigt, es sieht aus wie ein Klemmschaden … das Metall berührt sich nicht, denn wenn es das täte, würde sofort die Sicherung rausfliegen. Aber es ist freigelegt. Wenn man die Maschine anlässt, kommt es ziemlich schnell zu einem Spannungsüberschlag mit Lichtbogen.«

»Was passiert dann?«

»Diese Lichtbögen haben eine Temperatur von mehr als 3000 Grad. Sie sollten ein altes Stuhlkissen anflämmen, das jemand an die Stelle gedrückt hat. Das Feuer hätte dann den Schlauch der Treibstoffpumpe erreicht und …«

»Ein schneller Verlauf?«

»Also … bis ein Lichtbogen entsteht, kann es schon zehn Minuten dauern, vielleicht auch länger. Aber danach geht alles ziemlich flott – Feuer, noch mehr Feuer, Explosion – die Jacht füllt sich praktisch sofort mit Wasser und sinkt.«

»Also wäre es ziemlich schnell zu einem Brand und einer Explosion gekommen, wenn der Motor des Boots gelaufen wäre?«

»Ja, aber deshalb muss es noch lange nicht so arrangiert worden sein«, sagt Erixon.

»Dann könnten die Kabel also auch rein zufällig beschädigt gewesen und das Stuhlkissen irgendwie dort gelandet sein?«

»Zweifellos«, antwortet Erixon.

»Aber du glaubst das nicht?«

»Nein.«

»Wenn das der Mörder getan hat …«

»Dann haben wir es mit einem besonderen Mörder zu tun«, ergänzt Erixon.

Die meisten Mörder handeln im Affekt, selbst wenn sie die Tat geplant haben. Es sind stets große Gefühle im Spiel, und der Mord hat oftmals eine hysterische Note. Erst hinterher entsteht der Plan, folgen die Versuche, Spuren zu vertuschen und ein Alibi zu konstruieren. In diesem Fall scheint der Täter dagegen von Anfang an eine raffinierte Strategie verfolgt zu haben.

Trotzdem ist etwas schiefgegangen.

Joona starrt eine Weile ins Leere und schreibt dann Viola Fernandez auf das oberste Blatt von Åhléns Notizblock. Er umkringelt den Namen und schreibt anschließend »Penelope Fernandez« und Björn Almskog darunter. Die beiden Frauen sind Schwestern. Penelope und Björn sind ein Paar. Björn ist der Besitzer des Boots. Viola fragt in letzter Sekunde, ob sie mitkommen kann.

Es wird ein langer Weg werden, das Motiv für diesen Mord zu ermitteln. Joona weiß, vor Kurzem hat er gedacht, dass Penelope Fernandez noch lebt. Es war nicht nur eine vage Hoffnung oder der Versuch, Trost zu spenden, sondern eine Ahnung – aber auch nicht mehr. Der Gedanke ist ihm zugeflogen, aber im selben Moment ist er ihm auch schon wieder entglitten.

Würde man nach den systematischen Vorgaben der Landesmordkommission arbeiten, würde der Verdacht zunächst auf Violas Freund fallen, eventuell auch auf Penelope und Björn, weil sie sich auf der Jacht aufhielten. Alkohol und andere Drogen müssten eine Rolle spielen. Vielleicht hat es einen Streit, ein heftiges Eifersuchtsdrama gegeben. Leif G. W. Persson wird schon bald den Zuschauern im Fernsehen erklären, dass der Täter jemand aus Violas Umfeld ist, wahrscheinlich ein Liebhaber oder früherer Liebhaber.

Joona denkt an die Absicht, den Treibstofftank explodieren zu lassen, und versucht, die Logik hinter diesem Plan zu verstehen. Viola wurde in der Zinkwanne auf dem Achterdeck ertränkt, der Täter hat sie hinuntergetragen und auf dem Bett zurückgelassen.

Joona erkennt, dass er zu viele Gedanken auf einmal zulässt. Er muss versuchen, sein Wissen und die vielen Fragen, auf die er Antworten sucht, zu strukturieren.

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