»Diese Tür führte früher zu einigen Stufen, die nach oben zur Mauer gingen, über diese Mauer kommt man dann zur anderen Seite«, flüsterte Tolpan, der in seinen Beuteln hantierte, bis er sein Werkzeug gefunden hatte.
»Woher weißt du das?« murrte Flint, der sich nervös umschaute.
»Ich war früher oft in Kalaman, als ich noch klein war«, antwortete Tolpan. Er fand ein Stück Draht und ließ es in das Schloß gleiten. »Mit meinen Eltern. Wir haben immer diese Tür benutzt.«
»Warum habt ihr nicht das Haupttor benutzt, oder wäre das zu einfach gewesen?« knurrte Flint.
»Beeil dich!« befahl Laurana ungeduldig.
»Wir hätten das Haupttor benutzt«, erklärte Tolpan, der weiter mit Draht arbeitete. »Ach ja.« Er entfernte den Draht, steckte ihn sorgfältig wieder in seinen Beutel zurück, dann schob er leise die alte Tür auf. »Wo war ich? O ja. Wir hätten das Haupttor benutzt, aber Kendern war das Betreten der Stadt nicht erlaubt.«
»Und deine Eltern sind trotzdem gegangen!« schnaufte Flint, während er Tolpan durch die Tür zu einer schmalen Steintreppe folgte. Der Zwerg hörte dem Kender nur halb zu. Er hielt ein wachsames Auge auf Bakaris, der sich nach Flints Ansicht zu willig benahm. Laurana hatte sich völlig in sich zurückgezogen. Ihre einzigen Worte waren kurze Aufforderungen, sich zu beeilen.
»Nun, natürlich«, sagte Tolpan, der fröhlich drauflos plapperte. »Sie hatten es immer als einen Irrtum betrachtet. Ich meine, warum sollten wir mit Goblins gleichgestellt werden? Jemand mußte uns einfach zufällig auf die gleiche Liste gesetzt haben. Aber meine Eltern empfanden es nicht als höflich, darüber zu streiten. Und darum sind wir eben durch die Nebentür ein und aus gegangen. Einfacher für jeden hier in der Gegend. Da sind wir. Öffne die Tür – sie ist gewöhnlich nicht verschlossen. Huch, paß auf. Da ist eine Wache. Warte, bis sie vorbei ist.«
Sie drückten sich gegen die Mauer, bis die Wache müde vorbeigestolpert war. Dann überquerten sie leise die Mauer, traten durch eine weitere Tür, liefen eine andere Treppe hinunter und befanden sich dann außerhalb der Stadtmauern.
Es war niemand da. Bebend hüllte Flint sich tiefer in seinen Umhang. Befürchtungen stiegen in ihm hoch. Was war, wenn Kitiara die Wahrheit gesagt hatte? Was war, wenn Tanis bei ihr war? Was war, wenn er
Wütend zwang Flint sich, nicht daran zu denken. Er hoffte fast, daß es eine Falle sein würde! Plötzlich wurden seine düsteren Gedanken von einer barschen Stimme unterbrochen, die so dicht in ihrer Nähe sprach, daß er entsetzt zurückschrak.
»Bist du es, Bakaris?«
»Ja. Gut, dich wiederzusehen, Gakhan.«
Benommen drehte Flint sich um. Eine dunkle Gestalt war aus dem Schatten der Mauer getreten. Sie war völlig vermummt. Er erinnerte sich an Tolpans Beschreibung des Drakoniers.
»Tragen sie noch andere Waffen mit sich?« fragte Gakhan, seine Augen auf Flints Streitaxt gerichtet.
»Nein«, antwortete Laurana scharf.
»Durchsuch sie«, befahl Gakhan Bakaris.
»Du hast mein Ehrenwort«, sagte Laurana wütend. »Ich bin eine Prinzessin der Qualinesti…«
Bakaris trat einen Schritt zu ihr. »Elfen haben ihren eigenen Ehrenkodex«, höhnte er. »Oder so ähnlich hast du es in der Nacht gesagt, als du mich mit deinem verdammten Pfeil angeschossen hast.«
Laurana errötete, sagte aber nichts und rührte sich nicht. Als Bakaris vor ihr stand, hob er seinen rechten Arm mit seiner linken Hand, dann ließ er ihn fallen. »Du hast meine Karriere, mein Leben zerstört.«
Laurana versteifte sich und musterte ihn. »Ich sagte bereits, ich trage keine Waffen.«
»Du kannst mich durchsuchen, wenn du möchtest«, bot Tolpan an und stellte sich zwischen Bakaris und Laurana.
»Hier!« Er ließ den Inhalt eines Beutels auf Bakaris’ Fuß fallen.