»Tanis, mein Bruder, du hast deine Entscheidung, auf dieser Straße zu gehen, im Wirtshaus Zur letzten Bleibe gefällt, als du Goldmond zur Hilfe gekommen bist. In meinem Stolz wollte ich deine Hilfe ablehnen, und sie und ich wären gestorben. Weil du dich nicht von unserer Not abgewendet hast, brachten wir das Wissen über die alten Götter in die Welt zurück. Wir brachten die Heilkunst zurück. Wir brachten Hoffnung. Erinnerst du dich, was der Herr der Wälder uns gesagt hat? Wir trauern nicht um jene, die ihren Zweck im Leben erfüllt haben. Wir
»Deine Worte sind nett, Barbar«, schnappte Tanis, »aber sag mir die Wahrheit. Kannst du in den Tod sehen und keine Bitterkeit empfinden? Du hast alles, wofür es sich lohnt zu leben -Goldmond, die Kinder, die noch nicht geboren sind…«
Ein Schmerz zuckte flüchtig in Flußwinds Gesicht auf. Er drehte seinen Kopf weg, aber Tanis, der ihn scharf beobachtete, sah den Schmerz und verstand plötzlich. Auch das hatte er also zerstört! Der Halb-Elf schloß voller Verzweiflung die Augen.
»Goldmond und ich wollten es dir nicht sagen. Du hattest genug Sorgen.« Flußwind seufzte. »Unser Kind wäre im Herbst zur Welt gekommen«, murmelte er, »in der Zeit, in der sich die Blätter der Vallenholzbäume goldrot färben, so wie Goldmond und ich sie gesehen haben, als wir mit dem blauen Kristallstab nach Solace kamen. An jenem Tag fand uns der Ritter Sturm Großklinge und führte uns zum Wirtshaus Zur letzten Bleibe…«
Tanis begann zu schluchzen, tiefe, gequälte, schluchzende Laute schnitten durch seinen Körper wie Messer. Flußwind legte seine Arme um seinen Freund.
»Die Vallenholzbäume, die wir kennen, sind jetzt tot, Tanis«, fuhr er mit besänftigender Stimme fort. »Wir hätten dem Kind nur verbrannte Stümpfe zeigen können. Aber jetzt wird das Kind die Vallenholzbäume so sehen, wie die Götter sie im Sinn hatten, in einem Land, wo solche Bäume ewig leben. Trauer nicht, mein Freund, mein Bruder. Du hast geholfen, das Wissen über die Götter den Völkern zurückzubringen. Du mußt zu diesen Göttern Vertrauen haben.«
Sanft schob Tanis Flußwind weg. Er konnte dem Barbaren nicht in die Augen sehen. Als er in seine eigene Seele schaute, sah Tanis sie so verzerrt und verkrümmt wie die entstellten Bäume in Silvanesti. Glaube? Er hatte keinen Glauben. Was bedeuteten ihm die Götter?
Aber noch während er dieses Gebet stumm aufsagte, von dem er hoffte, es würde sein letztes auf Krynn sein, fiel ein Schatten, dunkler als die Sturmwolken, über sie. Tanis hörte Flußwind aufschreien und Goldmond kreischen, aber ihre Stimmen gingen im Toben des Wassers unter, als das Schiff im Zentrum des Mahlstroms zu sinken begann. Benommen sah Tanis nach oben und erblickte die feurigroten Augen eines blauen Drachen, der durch die schwarzen, wirbelnden Wolken leuchtete. Auf seinem Rücken saß Kitiara.
Nicht willens, die Beute aufzugeben, die sie zu einem glorreichen Sieg führen würde, hatten Kit und Skie sich durch den Sturm gekämpft, und jetzt flog der Drache mit ausgestreckten Klauen direkt auf Berem zu. Es war, als wären die Füße des Mannes auf dem Deck angenagelt. In traumähnlicher Hilflosigkeit starrte er auf den herabstürzenden Drachen.
Tanis riß sich hoch und warf sich auf Berem, als das blutrote Wasser um ihn wirbelte. Er traf ihn in den Magen und schlug ihn nach hinten, gerade als eine Welle über sie brach. Tanis hielt sich an etwas fest; er wußte nicht, was es war, und klammerte sich an das Deck, als es sich unter ihm neigte. Dann richtete sich das Schiff wieder auf. Als er hochsah, war Berem verschwunden. Über sich hörte er den Drachen vor Wut aufkreischen.
Und dann schrie Kitiara und zeigte auf Tanis. Skies feuriger Blick richtete sich auf ihn. Tanis hob seinen Arm, als könnte er den Drachen abwehren, und sah in die zornigen Augen des Tieres, das im peitschenden Wind wild kämpfte.