»Was ist los? Wo ist Raistlin? Hat er…«, sie hielt inne. Die Augen des Halb-Elfen waren düster in Erinnerung dessen, was er gesehen und gehört hatte.
»Raistlin ist verschwunden«, sagte Tanis knapp.
»Verschwunden? Wohin?« fragte Tika und blickte sich wild um, als ob sie erwartete, seinen Körper im wirbelnden, blutigen Wasser zu sehen.
»Er hat uns belogen«, antwortete Tanis und half Flußwind, Caramon auf den Boden zu legen. Der Krieger sagte nichts. Er schien sie nicht zu sehen, er starrte nur über das blutrote Meer.
»Erinnert ihr euch, daß er immer wieder darauf bestand, daß wir nach Palanthas müßten, um zu lernen,
Goldmond legte ihre sanften Hände auf den Mann, murmelte seinen Namen so leise, daß die anderen bei dem Heulen des Windes nichts hören konnten. Bei ihrer Bewegung jedoch rührte sich Caramon, begann heftig zu zittern. Tika kniete sich zu ihm und hielt seine Hand. Immer noch auf das Meer starrend, begann Caramon leise zu weinen, Tränen liefen über seine Wangen aus weit aufgerissenen, starrenden Augen. Goldmonds Augen glitzerten von ihren eigenen Tränen, aber sie streichelte seine Stirn und rief ihn weiter, wie eine Mutter nach einem verlorenen Kind ruft.
Flußwind, dessen Gesicht vor Zorn streng und düster war, gesellte sich zu Tanis.
»Was ist geschehen?« fragte der Barbar grimmig.
»Raistlin hat gesagt… ich kann nicht darüber sprechen. Nicht jetzt!« Tanis schüttelte den Kopf. Er lehnte über die Reling und starrte in das trübe Wasser, während er leise in der Elfensprache fluchte – eine Sprache, die der Halb-Elf selten benutzte. Betrübt über die Pein seines Freundes, legte Flußwind tröstend seine Hand auf die Schulter des Halb-Elfen.
»So ist es am Ende doch eingetreten«, sagte der Barbar. »So wie wir es in dem Traum gesehen haben, ist der Magier verschwunden und läßt seinen Bruder sterbend zurück.«
»Und wie wir es in dem Traum erlebt haben, habe ich euch enttäuscht«, murmelte Tanis mit zitternder Stimme. »Was habe ich nur getan? Es ist meine Schuld! Ich habe dieses Entsetzen über uns gebracht!«
»Mein Freund«, sagte Flußwind, von Tanis’ Leiden bewegt.
»Es steht uns nicht zu, die Wege der Götter in Frage zu stellen…«
»Verdammt seien die Götter!« schrie Tanis böse. Er hob seinen Kopf, um seinen Freund anzusehen. »
»Du bist
»Ich habe sie verlassen«, sagte Tanis bitter. »Ich habe mich wie ein Dieb weggeschlichen! Ich hätte ihr gegenübertreten müssen. Ich hätte ihr die Wahrheit über mich sagen müssen! Sie hätte mich dann getötet, aber ihr wäret in Sicherheit gewesen. Du und die anderen hätten entkommen können. Wie einfacher wäre mein Tod doch gewesen… Aber ich hatte nicht den Mut. Jetzt habe ich dies über uns gebracht«, sagte der Halb-Elf und entzog sich Flußwinds Griff. »Ich habe nicht nur mich, sondern euch alle enttäuscht.«
Er sah sich um. Berem stand noch immer am Steuer und hielt das nutzlos gewordene Rad, einen seltsamen Ausdruck der Resignation in seinem Gesicht. Maquesta versuchte immer noch, ihr Schiff zu retten, und kreischte Befehle. Aber ihre Mannschaft, vor Entsetzen gelähmt, gehorchte nicht mehr. Einige weinten. Einige fluchten. Die meisten waren still und starrten nur mit entsetzter Faszination auf den riesigen Wirbel, der sie unerbittlich in die Dunkelheit der Tiefe zog. Tanis spürte wieder Flußwinds Hand an seiner Schulter. Fast wütend versuchte er, sich zu entziehen, aber der Barbar gab nicht nach.