Читаем Gedichte in Prosa полностью

Was ich wohl denken werde in dem Augenblicke, da die Sterbestunde schlägt – wenn ich dann überhaupt noch werde denken können?

Werde ich daran denken, wie schlecht ich mein Leben angewandt habe, wie ich es verschlief, verträumte, seine Gaben nicht zu genießen verstand?

»Wie? Ist das schon der Tod? So schnell? Unmöglich! Ich habe ja doch noch nichts leisten können... Ich wollte ja eben erst an die Arbeit gehen!«

Werde ich an Vergangenes denken, im Geiste bei einigen wenigen köstlich durchlebten Augenblicken verweilen, bei teuren Bildern und Gestalten?

Werden meine bösen Taten in meiner Erinnerung wach werden – und wird meine Seele von dem brennenden Schmerz verspäteter Reue gequält werden? Werde ich daran denken, was jenseit des Grabes meiner wartet... und wartet dort überhaupt etwas meiner?

Nein... ich glaube, ich werde mich bemühen, gar nicht zu denken – und mich nach Möglichkeit mit irgendwelchen Lappalien abgeben, bloß um meine Aufmerksamkeit von der drohenden Finsternis, die sich schwarz vor mir auftut, abzulenken.

Einst jammerte ein Sterbender mir unausgesetzt vor, daß man ihm keine Nüsse zu essen geben wolle... und nur dort, in der Tiefe seiner verlöschenden Augen zuckte und zitterte etwas wie die gebrochene Schwinge eines zu Tode verwundeten Vogels.

<p>Wie frisch und duftig waren doch die Rosen...</p>

Vor langer, langer Zeit las ich einmal irgendwo ein Gedicht. Ich vergaß es bald wieder... die erste Zeile aber blieb mir im Gedächtnis:

»Wie frisch und duftig waren doch die Rosen...«

Winter ist es jetzt; der Frost hat die Fensterscheiben dick bereift; im dunklen Zimmer brennt ein einziges Licht. Ich sitze da, in einen Winkel gedrückt; in meinem Kopfe aber klingt es und klingt immerzu:

»Wie frisch und duftig waren doch die Rosen...«

Und ich sehe mich vor dem niedrigen Fenster eines russischen Landhauses stehen. Sanft neigt sich der Sommerabend und wandelt sich zur Nacht, die laue Luft duftet nach Reseda und Lindenblüten; – am Fenster aber sitzt, mit geradeaufgestütztem Arm und den Kopf zur Schulter geneigt, ein Mädchen – und blickt schweigend und unverwandt zum Himmel auf, wie um das Aufleuchten der ersten Sterne zu erwarten. Wie treuherzig andachtsvoll sind diese sinnenden Augen, wie rührend unschuldig diese fragend geöffneten Lippen, wie ruhig atmet diese erst im Erblühen begriffene, noch völlig leidenschaftslose Brust, wie rein und zart sind die Züge dieses jugendlichen Antlitzes! Kein Wörtchen wage ich an sie zu richten, aber wie teuer sie mir ist, wie mein Herz pocht!

»Wie frisch und duftig waren doch die Rosen...«

Immer dunkler und dunkler wirds im Zimmer... Das herabgebrannte Licht knistert, flüchtige Schatten schwanken an der niedrigen Decke, draußen heult und knirscht der Frost um die Mauer – und mir ist, als vernähme ich grämliches, greisenhaftes Geflüster...

»Wie frisch und duftig waren doch die Rosen...«

Andere Bilder steigen vor mir auf... Ich höre den fröhlichen Lärm ländlichen Familienlebens. Zwei Blondköpfchen, eins an das andere geschmiegt, schauen mich mit ihren hellen Äuglein munter an, die frischroten Wangen zittern in verhaltenem Lachen, die Hände haben sich innig verschlungen, klare, jugendliche Stimmen schallen lebhaft durcheinander; und weiter drinnen, im Hintergrunde des traulichen Zimmers, gleiten andere, ebenso jugendliche Hände mit behenden Fingern über die Tasten eines altväterischen Pianinos, und der Lannersche Walzer vermag das Summen des patriarchalischen Samowars nicht zu übertönen...

»Wie frisch und duftig waren doch die Rosen...«

Das Licht wird trübe und verlischt... Wer hustet da so heiser und matt? Zu meinen Füßen liegt, fest zusammengekauert, in unruhigem Schlafe mein alter Hund, mein einziger Gefährte... Mich friert... Eisig durchbebt es mich... und sie alle starben... starben dahin...

»Wie frisch und duftig waren doch die Rosen...«

<p>Eine Seefahrt</p>

Ich fuhr auf einem kleinen Dampfer von Hamburg nach London. Wir waren unser zwei Passagiere: ich und ein kleiner Affe, ein Weibchen von der Gattung der Seidenaffen, welches ein Hamburger Kaufmann seinem englischen Geschäftsfreunde als Geschenk sandte.

Das Tierchen war mit einer dünnen Kette an eine Bank auf dem Deck angebunden, zerrte daran und piepte kläglich wie ein Vogel.

Jedesmal, wenn ich an ihm vorbeiging, streckte es mir sein schwarzes, kaltes Händchen hin und richtete seine traurigen, beinahe menschlichen Augen auf mich. – Ich erfaßte seine Hand – und da hörte es auf zu piepen und zu zerren.

Es herrschte vollkommene Windstille. Rings breitete sich das Meer wie ein unbewegliches, bleigraues, glattes Tafeltuch aus. Nur wenig war davon sichtbar; ein Nebel lag darüber, so dicht, daß er die äußersten Mastspitzen verhüllte und den Blick durch seinen weichen Schleier stumpf und müde machte. Die Sonne hing wie eine trübrote Scheibe in diesem Dunst; gegen Abend aber flammte sie auf und glühte in einem geheimnisvollen, seltsamen Rot.

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Иммануил Кант – самый влиятельный философ Европы, создатель грандиозной метафизической системы, основоположник немецкой классической философии.Книга содержит три фундаментальные работы Канта, затрагивающие философскую, эстетическую и нравственную проблематику.В «Критике способности суждения» Кант разрабатывает вопросы, посвященные сущности искусства, исследует темы прекрасного и возвышенного, изучает феномен творческой деятельности.«Критика чистого разума» является основополагающей работой Канта, ставшей поворотным событием в истории философской мысли.Труд «Основы метафизики нравственности» включает исследование, посвященное основным вопросам этики.Знакомство с наследием Канта является общеобязательным для людей, осваивающих гуманитарные, обществоведческие и технические специальности.

Иммануил Кант

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