Ich trage, wie alle, Schwarz, aber Schwarz tragen kann nicht alles sein, was man auf einer Beerdigung machen muss, also ahme ich abwechselnd Onkel Bora und meinen Vater nach. Wenn Onkel Bora den Kopf senkt, senke ich den Kopf. Wenn Vater ein paar Worte mit jemandem wechselt, merke ich sie mir und wiederhole sie bei jemand anderem. Ich kratze mich am Bauch, weil sich Onkel Bora an seinem großen Bauch kratzt. Es ist heiß, ich knöpfe mein Hemd auf, weil Vater sein Hemd aufknöpft. Das ist der Enkel, flüstern die Leute.
Tante Taifun hat die Sargträger überholt und muss zurückgerufen werden. Sie fragt, ob sie helfen kann. Diesekriecherei, sagt sie, bringtmichum.
Ur-Oma und Ur-Opa gehen hinter dem Sarg. Ur-Opa trägt sein langes, weißes Haar offen. Ich hätte ihm gern von meinem Zauberplan erzählt, weil er selbst Zauberer ist, aber ich fand keine gute Gelegenheit dazu. Opa Slavko erzählte einmal bei einem Fest in Veletovo, Ur-Opa hätte vor langer Zeit in nur einer Nacht den größten Stall Jugoslawiens ausgemistet, weil sein Besitzer ihm dafür die Hand seiner Tochter – meiner heutigen Ur-Oma – versprach. Opa war sich nicht sicher, wann sich das Ganze ereignet hatte. Vor zweihundert Jahren!, rief ich, und Onkel Miki tippte sich an den Kopf: damals gab es noch kein Jugoslawien, Zwerg, es waren die königlichen Ställe nach dem Ersten Weltkrieg. Mikis Variante gefiel mir, sie machte Ur-Oma zu einer Prinzessin. Opa erzählte, Ur-Opa hätte nicht nur den Riesenstall ausgemistet, sondern in der gleichen Nacht zwei Kühen beim Kalben geholfen, eine immense Geldsumme gegen die besten Romméspieler der Stadt gewonnen und eine Glühbirne im Haus seines Schwiegervaters repariert – die, wie ich fand, schwierigste Aufgabe, wenn man bedenkt, dass nichts auf der Welt kaputter sein kann als eine kaputte Glühbirne. Ohne Magie wäre das alles nicht zu schaffen gewesen. Prinzessin Ur-Oma äußerte sich nicht dazu, lächelte aber vieldeutig. Ihr hättet mal seine Oberarme sehen müssen, sagte sie, noch nie hat eine Augenfarbe so gut zu Oberarmen gepasst, wie bei meinem blauäugigen Nikola.
Ich stehe vor der Grube und ich weiß, dass es möglich ist. Schließlich habe ich Carl Lewis die Fähigkeit gezaubert, den Weltrekord zu laufen. Nicht alle Amerikaner sind also Kapitalisten, Genosse Lewis zumindest ist keiner, mein Stab und mein Hut zaubern ausschließlich im Sinne der Partei. Ich stehe vor der Grube, in die Opa, ehemals Vorsitzender des Višegrader Lokalkomitees, gleich gelegt werden soll, und weiß: es kann funktionieren.
Ur-Opa klettert in die Grube und reißt mit beiden Händen Steine und Wurzeln aus den Erdwänden. Wie sieht es hier aus?, sagt er. Mein Sohn, meiner!
Es ist schwer, sich Opa Slavko als Sohn vorzustellen. Söhne sind höchstens sechzig Jahre alt. So um die sechzig sind fast alle, die Opa heute verabschieden. Die Frauen, das Haar unter schwarzen Tüchern, tragen Parfüm, weil sie den Geruch vom Tod korrigieren wollen. Hier riecht der Tod nach frisch gemähtem Rasen. Die Männer tuscheln, kleine, bunte Abzeichen an den Brusttaschen ihrer schwarzen Sakkos, Hände hinter dem Rücken verschränkt, auch ich verschränke meine.