Читаем Paganinis Fluch полностью

Saga Bauer denkt an Carl Palmcrona, und es gelingt ihr nur noch halb, das Gesicht abzuwenden. Sie sieht den Schlag einen Tic zu spät. Er kommt von der Seite. Ein ziemlich tief angesetzter Haken, der über ihre linke Schulter wischt und Ohr und Wange trifft. Sie wankt. Der Kopfschutz ist wieder verrutscht, und sie kann kaum etwas sehen, weiß jedoch, dass ein zweiter Schlag folgen wird. Also nimmt sie das Kinn nach unten und schützt mit beiden Händen ihr Gesicht. Es ist ein schwerer Treffer, gefolgt von einem weiteren Schlag auf ihre oberen Rippen. Sie stolpert rückwärts, den Seilen entgegen. Der Ringrichter eilt herbei, aber Saga ist schon wieder aus der Falle entwischt. Sie bewegt sich seitlich, zur Ringmitte, und es gelingt ihr, ihre Gegnerin zu taxieren. Svetlana Krantz aus Falköping, eine breit gebaute Frau von vierzig Jahren, mit abfallenden Schultern. Auf der einen Schulter ist das Emblem von Guns N’Roses eintätowiert. Svetlana atmet mit offenem Mund und hetzt ihr mit polternden Schritten hinterher, weil sie glaubt, einen K.- o.-Sieg erringen zu können. Saga gleitet sanft zurück – wirbelt wie Herbstlaub über den Boden. Boxen ist so einfach, denkt sie, und spürt urplötzlich Freude in ihrer Brust aufwallen. Saga Bauer bleibt abrupt stehen und lächelt so breit, dass sie fast ihren Zahnschutz verliert. Sie weiß, dass sie ihrer Gegnerin überlegen ist, hat aber eigentlich nicht vor, Svetlana K.o. zu schlagen. Sie will nach Punkten gewinnen. Aber als sie Svetlanas Freund rufen hört, Svetlana solle dieser kleinen blonden Fotze das Gesicht zu Brei hauen, überlegt sie es sich anders.

Svetlana bewegt sich schnell im Ring, ihre rechte Hand ist eifrig, ein bisschen übereifrig. Sie ist so scharf darauf, Saga zu besiegen, dass sie den Aktionen ihrer Gegnerin nicht mehr genügend Aufmerksamkeit schenkt, sondern die Sache mit einer oder mehreren rechten Geraden beenden will. Sie glaubt, Saga wäre so benommen, dass sie die Schläge problemlos durch ihre Deckung hämmern kann. Doch Saga Bauer ist nicht geschwächt, im Gegenteil, sie ist hoch konzentriert. Sie tänzelt ein wenig auf der Stelle, erwartet ihre vorpreschende Gegnerin und hält sich die Handschuhe vors Gesicht, als wollte sie sich nur verteidigen. Im richtigen Moment macht sie dann eine überraschende Schulter-Fuß-Kombination, sodass sie mit einem Ausfallschritt nach vorn aus der Schlaglinie der Angreiferin gleitet. Saga gelangt neben Svetlana und sammelt ihre gesamte Bewegungskraft in einem Körpertreffer direkt auf den Solarplexus der anderen Frau.

Sie spürt den Rand von Svetlanas Brustschutz durch ihren Handschuh, als der Körper der Frau einfach nach vorn klappt. Der nächste Schlag geht fast vorbei, Saga trifft gerade noch Svetlanas Scheitel, aber der dritte ist ein lupenreiner Volltreffer, von unten, direkt auf den Mund und sehr hart.

Svetlanas Kopf wird nach hinten geschleudert. Schweiß und Rotz spritzen in die Schlagrichtung. Der dunkelblaue Mundschutz flattert davon. Svetlanas Knie brechen ein, und sie plumpst hilflos zu Boden, rollt einmal herum und bleibt kurz liegen, ehe sie sich wieder bewegt.

Nach dem Kampf steht Saga Bauer in der Damenumkleide und spürt, dass sich ihr Körper allmählich beruhigt. Sie hat einen seltsamen Geschmack im Mund, eine Mischung aus Blut und Kleister. Sie musste die Zähne zur Hilfe nehmen, um das Textilklebeband um die Schnürung der Handschuhe zu entfernen. Die Tür des Blechschranks, in dem ihre Kleider hängen, steht offen, das Hängeschloss liegt auf der Bank. Sie sieht sich im Spiegel und wischt rasch einige Tränen fort. Als Folge des harten Treffers, den ihre Gegnerin landen konnte, brennt und pocht ihre Nase. Zu Beginn waren ihre Gedanken nicht beim Kampf, sondern bei dem Gespräch mit ihrem Chef und dem Leiter der Landeskriminalpolizei und bei der Entscheidung, dass sie und Joona Linna zusammenarbeiten sollen.

Auf der Schranktür klebt ein Sticker mit der Aufschrift »Södertälje Rockets« und dem Bild einer Rakete, die eher wie ein wütender Hai aussieht.

Sagas Hände zittern, als sie die Shorts, das Suspensorium und den Slip, das schwarze Hemd und den BH mit Brustschutz auszieht. Fröstelnd geht sie in die gekachelte Dusche und stellt sich in eine der Kabinen. Das Wasser läuft über Nacken und Rücken. Sie verdrängt den Gedanken an Joona und spuckt blutvermischten Speichel in den Bodenabfluss.

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