»Björn bereut, was er getan hat, beschließt, Palmcrona das Foto zu schicken, und versucht, die Sache so aus der Welt zu schaffen.«
»Aber als Björn Palmcrona schreibt, dass er ihm das Bild schicken wird, ist dieser bereits tot«, sagt Joona.
»Das Problem ist, dass die Aufnahme an einer Glastür in Penelopes Wohnung hängt«, fährt Saga fort. »Und sie weiß nichts von der Erpressung.«
»Er muss also an das Foto herankommen, ohne ihr etwas von seinem Erpressungsversuch zu verraten«, sagt Tommy Kofoed.
»Wir wissen nicht, wie er Penelope erklären wollte, dass das Foto verschwunden ist«, meint Saga und lächelt. »Wahrscheinlich hat er in Panik gehandelt, wollte einen Schlussstrich unter die ganze Sache ziehen und hat gehofft, dass sich der Sturm verziehen würde, während sie sich auf seinem Boot in den Schären verstecken.«
Joona steht auf, geht zum Fenster und sieht hinaus. Eine Frau trägt ein Kind im Arm und schiebt einen Buggy mit Einkaufstüten auf dem Bürgersteig vor sich her.
»Am Morgen des nächsten Tages nimmt Penelope ein Taxi zum Fernsehsender, um an einer Diskussion teilzunehmen«, fährt Saga fort. »Sobald sie gegangen ist, begibt Björn sich in ihre Wohnung, greift sich das Foto, läuft zur U-Bahn-Station Slussen, fährt zum Hauptbahnhof, kauft in einem Laden einen Umschlag und eine Briefmarke, adressiert den Brief an Palmcrona, läuft zum Internetcafé und schreibt ihm eine letzte Mail, in der er ihm mitteilt, dass er das Foto in die Post gegeben hat. Anschließend fährt Björn in seine Wohnung, holt sein und Penelopes Gepäck und macht sich auf den Weg zu seinem Boot, dass im Motorbootclub auf Långholmen liegt. Als Penelope fertig ist, nimmt sie vom Karlaplan aus die U-Bahn und fährt vermutlich auf direktem Weg bis zur Haltestelle Hornstull, von wo aus sie das letzte Stück nach Långholmen zu Fuß geht.«
»Zu der Zeit hat der Killer bereits Björns Wohnung durchsucht und ein Feuer gelegt, bei dem die gesamte Etage zerstört wird.«
»Aber ich habe den Bericht gelesen … Der Brandermittler ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ein vergessenes Bügeleisen in der Nachbarwohnung für das Feuer verantwortlich gewesen ist«, wendet Petter ein.
»Das ist sicher richtig«, sagt Joona.
»Genauso wie in Penelopes Wohnung eine Gasexplosion die Brandursache gewesen wäre«, ergänzt Saga.
»Der Profi hatte vermutlich den Plan, sämtliche Spuren zu vernichten«, fährt Joona fort. »Als er das Foto in Björns Wohnung nicht findet, brennt er sie nieder und folgt Björn zu dem Boot.«
»Um nach dem Foto zu suchen«, ergänzt Saga, »Björn und Penelope zu ermorden und das Ganze wie einen Bootsunfall aussehen zu lassen.«
»Nicht wissen konnte unser Mann allerdings, dass sich die Pläne in letzter Sekunde geändert hatten und Penelopes Schwester Viola das Paar auf der Jacht begleitete.«
Joona verstummt und denkt kurz an die tote Frau im Leichenschauhaus. An ihr junges, verletzliches Gesicht, das rote Mal auf dem Brustkorb.
»Ich stelle mir vor, dass die jungen Leute an irgendeiner Insel in der Bucht Jungfrufjärden vor Dalarö ankern«, fährt Joona fort. »Und bevor der Killer kommt, geht Penelope aus irgendeinem Grund an Land. Als der Killer an Bord von Björns Boot geht, begegnet er dort Viola. In dem Glauben, dass sie Penelope ist, ertränkt er sie in einem Zuber und setzt sie auf dem Bett im Vorpiek ab. Während er auf Björn wartet, sucht er wahrscheinlich nach dem Foto, und als er es nicht findet, bereitet er eine Explosion vor. Erixons Bericht liegt euch vor. An dieser Stelle wissen wir nicht genau, was passiert ist, jedenfalls gelingt es Penelope und Björn irgendwie, dem Killer zu entkommen.«
»Und das Boot mit der toten Viola Fernandez wird zurückgelassen.«
»Wir wissen nicht, wie sie fliehen, aber am Montag befinden sie sich jedenfalls auf Kymmendö.«
Es zuckt um Bennys Mundwinkel.
»Im Haus von Ossian Wallenberg? Er war wirklich verdammt gut, aber in diesem Land des Mittelmaßes war natürlich kein Platz für ihn.«
Carlos räuspert sich leise und gießt sich noch etwas Kaffee ein.
»Als der Killer erkennt, dass er die beiden verloren hat, begibt er sich zu Penelopes Wohnung, um dort nach dem Foto zu suchen«, fährt Joona fort, ohne eine Miene zu verziehen. »Erixon und ich tauchen auf und stören ihn. Erst in dem Moment, als ich ihm gegenüberstand, ist mir klar geworden, dass wir es mit einem Profi von internationalem Kaliber zu tun haben.«
»Er hat offensichtlich Zugang zu unseren Systemen, hört den Funkverkehr via RAKEL ab und so weiter«, bemerkt Saga.
»Hat er so Björn und Penelope auf Kymmendö gefunden?«, fragt Petter.
»Das wissen wir nicht«, antwortet Joona.
»Er handelt jedenfalls sehr schnell«, bemerkt Saga. »Wahrscheinlich ist er direkt nach der Konfrontation mit Joona und Erixon in Penelopes Wohnung nach Dalarö zurückgekehrt, um weiter nach ihr zu suchen.«
»Er ist also schon vor Ort, als ich mit der Wasserschutzpolizei spreche«, sagt Petter, lehnt sich über den Tisch und rückt das Blatt mit der Tagesordnung gerade.
»Was passiert dann?«, fragt Carlos.