Im christlichen Humanismus sieht der Autor eine wesentliche Quelle der frühchristlichen "Ästhetik der Verneinung", deren Wesen in der mehr oder weniger konsequenten "Enthüllung" und Verneinung praktisch aller entscheidenden Bestandteile der heidnischen künsthlerischen Kultur besteht. In drei Kapiteln versucht er deutlich zu machen, wie trotz dieser allgemeinen Grundhaltung die Kirchenväter die einzelnen Kunstgattungen - darstellende Kunst, Rhetorik, Theater - doch unterschiedlich bewerteten. Er gelangt zu dem Schluß, daß die Ästhetik der Verneinung (der frühen Christen) von keinem globalen Antiästhetizismus zeugt, sondern von einem anderen für die Antike nicht traditionellen Verständnis der ästhetischen Problematik. Den Christen schien es vor allem notwendig, sich von der antiken Emotionalität und Affektivität in der Kunst zu distanzieren, um von neuem, von der Struktur der neuen Ästhetik her, zu ihr wieder zurückzukehren. Am Ende des dritten Abschnittes zeigt er, wie auf Grundlage der negativen Beziehung zur antiken Kunst im frühen Christentum die Idee von der Notwendigkeit einer neuen, christlichen Kunst heranreifte, entsprechend dem Interesse der neuen Weltanschauung.
Der vierte Abschnitt der Monographie "Die neue ästhetische Problematik" zeigt, daß die eigentlichen ästhetischen Anschauungen der Patristik in vielerlei Hinsicht im Dienst und in Abhängigkeit von der christlichen Schöpfungslehre standen. Das Verständnis der Welt als Werk eines göttlichen Künstlers führte dazu: das Schaffen des menschlichen Künstlers sehr hoch zu bewerten; den Künstler höher einzuschätzen als das Werk seiner Hände; die Schönheit und nicht den Nutzen als Grundlage des schöpferischen Aktes anzusehen; die Sphäre der geistig-moralischen Vervollkommnung des Menschen mit der ästhetischen zu verbinden.
Als ästhetisches Problem stellten die christlichen Denker die Fragen nach dem Schönen und nach dem Bild. Die Idee der Schöpfung der Welt durch Gott aus dem Nichts zwang die frühen Christen, das Schöne in bezug auf die Welt und den Menschen neu zu durchdenken. Da für die Christen die Welt das Werk eines göttlichen Künstlers war und der Mensch ihnen als Gipfel der Schöpfung erschien, galt ihnen im Gegensatz zu den Platonikern und orientalischen Denkern das natürliche Schöne der sichtbaren Welt und vor allem die natürliche Schönheit des Menschen als höchster ästhetischer Wert des Seins. Diesen stellten die Apologeten jedem beliebigen "künstlerischen" Schönen gegenüber, wie es im "heidnischen" Rom kultiviert wurde, so insbesondere der dekorativ-angewandten und der darstellenden Kunst. Höher als jedes sichtbare schöne bewerteten die Kirchenväter das moralisch-geistige Schöne. Dieses war ihrer Meinung nach besonders charakteristisch für Christus und die Märtyrer, die ihr Leben für den christlichen Glauben ließen. In den Tugenden sahen sie den höchsten Ausdruck menschlicher Schönheit. In diesem Zusammenhang kommt dem Verständnis des Häßlichen eine besondere Funktion zu. Im vorliegenden Werk wird gezeigt, daß das Häßliche auftritt als besondere Kategorie, die dem Schönen nicht entgegengesetzt wurde, aber eine gewichtige Zeichenfunktion besaß und in einer Reihe mit solchen Kategorien wie der des Symbols oder des Zeichens stand.
Weiter wendet sich der Autor dem Problem des Bildes in der frühchristlichen Ästhetik zu. Da die Welt und alle Schöpfung der menschlichen Hände von den Kirchenvätern der ersten Jahrhunderte als ein System von Rätseln, Symbolen und Bildern verstanden wurde, die jeweils eine gewisse geistige Realität ausdrücken, erarbeiteten sie eine interessante Theorie des bildhaft-symbolischen Ausdrucks. In der