Ken und Feth sahen einander an, hüteten sich aber, auch nur eine Andeutung von Genugtuung erkennen zu lassen.
XX
»Sieht so aus, als hätten Sie es geschafft.« Feths Worte klangen bedrückt.
»In welcher Hinsicht?« fragte Ken. Die beiden waren allem Anschein nach damit beschäftigt, die mechanische Funktionsfähigkeit der gekühlten Vivarien-Behälter zu überprüfen.
»Ich habe Jahre darauf verwandt, den Flachland-Mythos zu nähren. Dabei war mir klar, daß es nur eine Theorie war, aber Drai mußte den Unterschied zwischen Tatsachen und Mythos erst gezeigt bekommen. Und ich habe mein Bestes getan, um die Tafak-Produktion auf einem Minimum zu halten.«
»Vorausgesetzt, sie stagnierte nicht ganz«, warf Ken nicht ohne Schärfe ein.
»Stimmt. Und jetzt kommen Sie daher und lassen die Geschichte hochgehen, die ihn davon abhielt, den Planeten zu erforschen. Gleichzeitig geben Sie ihm ein Mittel in die Hand, durch Gewalt und Drohungen von den Eingeborenen zu bekommen, was er möchte. Falls Sie überhaupt Ideen gehabt haben, dann sind es bloß Versager.«
»Ach, so würde ich das nicht sehen. Sie sahen ja, wie Drai zumute war, als er von Bord ging.«
»Ja gewiß, ihn reuten die vergeudeten Jahre und das gleichzeitig vergeudete Geld, nehme ich an. Aber diese Reue wird nicht mehr lange anhalten. Sein Mißmut dauert jetzt schon ein paar Tage. Er wird…«
Während Feth düster seine Ansichten vortrug, dachte Ken angestrengt nach. Jetzt unterbrach er ihn rüde.
»Dann wird es zu spät sein. Feth, Sie müssen mir eine Weile blindlings vertrauen. Ich verspreche Ihnen, daß Sie um Ihre Dosis nicht umfallen werden. Ich werde jetzt ein paar Stunden in der Luftschleuse zu tun haben. Lee ist noch an Bord. Ich möchte, daß Sie zu ihm gehen und ihn festnageln. Wie, das ist Ihre Sache. Er soll nicht sehen, was ich mache. Sie kennen ihn länger als ich und können sich sicher etwas ausdenken, was ihn interessieren könnte. Bloß töten dürfen Sie ihn nicht. Wir brauchen ihn noch.«
Feth sah Ken voller Zweifel an. Ken sagte nichts mehr und überließ es ihm allein, den Kampf mit einer ganz natürlichen Furcht auszukämpfen.
Als Feth schließlich sagte ›In Ordnung‹, war Ken erleichtert, aber nicht weiter verwundert. Er wartete ab, bis Feth in Richtung Kontrollraum verschwunden war. Als er einigermaßen sicher sein konnte, nicht gestört zu werden, schloß er die innere Luftschleusentür, zog einen gewöhnlichen Raumanzug über und machte sich eifrig ans Werk.
Es tat ihm leid, daß er dabei einige seiner lebenden Proben opfern mußte, tröstete sich aber mit dem Gedanken, daß man diese später ersetzen könne. Und das Vivarium, das er jetzt benutzen wollte, enthielt nur ein paar Pflänzchen. Das Feuer war dazwischengekommen, ehe die Kinder es hatten füllen können. Das war Voraussicht und nicht nur Glück. Er hatte entscheiden müssen, welches er benützen würde, ehe er den Planeten verlassen hatte.
Feth konnte im Kontrollraum feststellen, daß seine Aufgabe nicht zu schwierig sein würde. Er stand mit dem Piloten nicht auf allerbestem Fuß, empfand aber für ihn nicht den glühenden Haß, den er Drai gegenüber hegte. Lee hatte in der Vergangenheit bewiesen, daß er nicht viel Skrupel kannte, andererseits konnte Feth sich an nichts erinnern, was ausgesprochen negative Gefühle gerechtfertigt hätte. Folglich war es nichts Besonderes, als Feth nun in den Kontrollraum geschlendert kam und sich auf einen Schwatz niederließ. Der Pilot war in seine Lektüre vertieft wie immer, wenn er dienstfrei hatte. Auf seine Frage, wo Ken wäre, sagte Feth, dieser bastle mit seinem Grünzeug in der Luftschleuse herum.
»Warum muß er die Luftschleuse zum Labor umfunktionieren?« äußerte Lee im Klageton. »Ich sagte ihm schon, daß es eine schlechte Angewohnheit ist. Er hat ja ein richtiges Labor in der Station. Warum bringt er die Proben nicht dorthin?«
»Ich schätze, er hofft im Falle eines Kühlsystemdefekts die Luft aus der Schleuse pumpen zu können, damit die Proben es überstehen, bis er den Fehler behoben hat«, antwortete Feth. »Aber Sie müssen ihn selbst fragen, wenn Sie Genaueres wissen wollen. Aber ich würde mir da keine Sorgen machen. Wir sind bloß zu dritt an Bord, und Kens Behälter sind ja nicht so groß, daß sie im Weg stünden, falls die Antriebe verrückt spielen.«
Der Pilot brummte etwas und vertiefte sich wieder in seine Lektüre. Ein Blick wanderte immer wieder zum Schaltbrett mit den verräterischen Lämpchen. Er wußte genau, wann Ken die Schleuse leerpumpte und die Außentür öffnete, hielt es aber offenbar für nicht der Mühe wert, nach dem Grund zu fragen. Feth wußte es auch nicht. Und er war noch viel neugieriger als der Pilot. Zum Glück war Lee an Feths Schweigsamkeit und an seinen finsteren Gesichtsausdruck gewöhnt, so daß sein Verhalten bei Lee keinen Argwohn erweckte. Ken, der sich dieses Umstandes bewußt war, hatte aus diesem Grund Feth nichts von seinem Plan gesagt. Er hatte Angst, der Techniker würde vor lauter Glück und Freude unnatürlich aussehen.