»Die Dame und ich gehen in die Höhle…«, sagte Bakaris schwer atmend. Er verdrehte Lauranas Arm, so daß sie vor Schmerz aufschrie. »Eine Bewegung, Kender, und ich breche ihr den Arm. Wenn wir in der Höhle sind, will ich nicht gestört werden. In meinem Gürtel steckt ein Dolch. Ich werde ihn an ihre Kehle halten. Hast du verstanden, kleiner Dummkopf?«
»Ja, Herr«, stammelte Tolpan. »Ich… ich würde nicht im Traum daran denken zu stören. Ich… ich bleibe nur hier bei… bei Flint.«
»Und geht nicht in den Wald.« Bakaris zog Laurana auf die Höhle zu. »Er wird von Drakoniern bewacht.«
»N…nein, Herr«, stotterte Tolpan, der sich mit weit aufgerissenen Augen zu Flint kniete.
Zufrieden warf Bakaris dem hockenden Kender einen letzten Blick zu, dann schob er Laurana zum Höhleneingang.
Tränenblind stolperte Laurana vorwärts. Als ob er sie daran erinnern wollte, daß sie in der Falle saß, verdrehte Bakaris wieder ihren Arm. Der Schmerz war unerträglich. Es gab keine Möglichkeit, sich dem festen Griff des Mannes zu entziehen. Sich selbst für ihre Dummheit verfluchend, versuchte Laurana, ihre Angst zu bekämpfen und klar zu denken. Es war schwer, die Hand des Mannes war stark, und sein Geruch – der Geruch der Menschen – erinnerte sie auf eine entsetzliche Weise an Tanis.
Als ob er ihre Gedanken erraten hätte, drückte Bakaris sie eng an sich und rieb sein bärtiges Gesicht an ihrer glatten Wange.
»Du wirst eine weitere Frau sein, die der Halb-Elf und ich geteilt haben…«, flüsterte er heiser, dann brach er plötzlich ab. Einen Moment lang wurde Bakaris’ Griff um Lauranas Arm unerträglich fest. Dann lockerte er sich. Seine Hand glitt von ihrem Arm. Laurana riß sich frei und wirbelte herum. Blut tröpfelte zwischen Bakaris’ Fingern, als er an seine Seite griff, wo Tolpans kleines Messer immer noch aus der Wunde ragte. Der Mann zog seinen eigenen Dolch und machte einen Satz auf den trotzigen Kender zu.
Irgend etwas riß in Laurana, setzte eine wilde Wut und einen Haß frei, von denen sie nicht vermutet hatte, daß sie in ihr steckten. Sie spürte keine Angst mehr, es kümmerte sie nicht mehr, ob sie tot oder lebendig war. Laurana hatte nur noch einen Gedanken – diesen menschlichen Mann zu töten. Mit einem wilden Aufschrei stürzte sie sich auf ihn und schlug ihn zu Boden. Er gab ein Ächzen von sich, dann lag er stumm unter ihr. Verzweifelt versuchte Laurana, an sein Messer zu kommen. Dann wurde ihr bewußt, daß er sich nicht mehr bewegte. Langsam erhob sie sich.
Einen Moment lang konnte sie durch den roten Nebel vor ihren Augen nichts erkennen. Als er sich klärte, sah sie Tolpan den Körper umdrehen. Bakaris war tot. Seine Augen starrten in den Himmel, ein Ausdruck tiefen Entsetzens und der Überraschung lag auf seinem Gesicht. Seine Hand hielt immer noch den Dolch umklammert, der in seinen Leib getrieben war.
»Was ist denn geschehen?« flüsterte Laurana, die vor Wut und Abscheu bebte.
»Du hast ihn niedergeschlagen, und er fiel in sein Messer«, erklärte Tolpan gelassen.
»Aber zuvor…«
»Oh, ich habe ihm das Messer in den Körper gestoßen«, sagte Tolpan. Er zog sein Messer aus der Seite des Mannes und betrachtete es stolz. »Und Caramon hat mir gesagt, es wäre nur von Nutzen, wenn ich auf einen bissigen Hasen stoßen würde! Na warte, wenn ich ihm hiervon erzähle! Weißt du, Laurana«, fuhr er etwas traurig fort, »alle unterschätzen uns Kender immer. Bakaris hätte wirklich meine Beutel durchsuchen sollen. Aber mit der Ohnmacht, das war ein toller Trick. Hast du…«
»Wie geht es Flint?« unterbrach Laurana, die nicht an die letzten entsetzlichen Minuten erinnert werden wollte. Ohne recht zu wissen, was sie tat oder warum, nahm sie ihren Umhang ab und warf ihn über das bärtige Gesicht. »Wir müssen hier verschwinden.«
»Ihm geht es ganz gut«, sagte Tolpan, zu dem Zwerg schauend, der stöhnte und seinen Kopf schüttelte. »Was ist mit den Lindwürmern? Meinst du, sie werden uns angreifen?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Laurana, die die Tiere musterte. Die Lindwürmer starrten unruhig herum, unsicher, was mit ihrem Herrn geschehen war. »Ich habe gehört, daß sie nicht besonders intelligent sind. Im allgemeinen handeln sie nicht ohne Befehl. Vielleicht – wenn wir keine schnellen Bewegungen machen – können wir in den Wald verschwinden, bevor sie herausfinden, was passiert ist. Hilf Flint.«
»Komm schon, Flint«, drängte Tolpan und zerrte am Zwerg.
»Wir müssen flieh…«
Die Worte des Kenders wurden von einem wahnsinnigen Schrei übertönt, einem Schrei der Furcht und des Entsetzens, der Tolpans Haare zu Berge stehen ließ. Er schaute hoch; Laurana starrte auf eine Gestalt, die offensichtlich aus den Tiefen der Höhle hervorgekommen war. Bei ihrem Anblick wurde Tolpan von einem grauenvollen Gefühl überflutet. Sein Herz trommelte, seine Hände wurden kalt, er konnte kaum noch atmen.
»Flint!« keuchte er kraftlos.
Der Zwerg, der in der Stimme des Kenders etwas hörte, was er niemals zuvor vernommen hatte, rappelte sich hoch. »Was…«
Tolpan konnte nur zeigen.