»Schliaun?« Tally schnaubte. »Schlimm?« wiederholte sie. Essks Frage kam reichlich spät – nach Stunden, die sie nichts anderes getan hatte, als zu Toben und Schreien. Außerdem wußte sie keine wirkliche Antwort darauf. War es
»Es war eine Maschine, Essk«, sagte sie schließlich.
»Begreifst du nicht? Hrabans Götterschrift war nichts als das Werk eines albernen Spiegels!«
»Ich weisss«, lispelte die Waga. »Bössse Magie.«
»Nenn es, wie du willst, du Fischgesicht, aber es war eine Maschine«, fauchte Tally. »Begreifst du nicht, was das bedeutet? Dieses... dieses Ding. Dieser verdammte Turm hier. Diese Waffe!« Sie ließ die Hand auf die Waffe der Toten klatschen, die sie noch immer im Gürtel trug. Welche Närrin war sie doch gewesen! dachte sie. Schon der Anblick dieses schrecklichen Dinges, das wie ein Kinderspielzeug aussah und kopfgroße Löcher in massiven Fels brannte, hätte ihr die Augen öffnen müssen.
»Wasss issst ssso ssslimm dharhan?« fragte Essk ruhig.
»Was daran schlimm ist?« Tally unterdrückte im letzten Moment einen Schrei. »Begreifst du das wirklich nicht, Essk?« fragte sie. Erregt trat sie auf Essk zu, packte sie bei den Schultern und versuchte vergeblich, ihre vierhundert Pfund zu schütteln. »Sie... sie haben meine Stadt niedergebrannt, weil wir Stahl geschmolzen haben! Wir haben Städte vernichtet, weil ihre Menschen eine harmlose Wassermühle bauten, nur um etwas weniger Arbeit zu haben! Wir haben ganze Völker ausgelöscht, weil sie
Bei den letzten Worten hatte sie wieder geschrien, aber die Waga schien ihren Zorn gar nicht zur Kenntnis zu nehmen. Zumindest verstand sie ihn nicht. »Dasss issst logisch«, antwortete sie ruhig. »Sssie thun esss, weil sssie sssie fürchten. Und man fürchtet nichtsss, dasss man nicht khennt.«
»Natürlich!« fauchte Tally. »Aber ich...« Sie brach mitten im Wort ab, starrte die Waga mit großen Augen an und trat einen halben Schritt zurück. »Was... was hast du gesagt?« murmelte sie.
»Dasss sssie sssie fürchten«, wiederholte Essk.
»Und man fürchtet nichts, was man nicht kennt«, fügte Tally leise hinzu. Für einen Moment wich ihr Zorn einer tiefen, mit Entsetzen gepaarten Verwirrung.
»Du... du hast es gewußt«, murmelte sie.
»Nicht gewussst«, antwortete Essk. »Aber gheahnt. Esss issst logisch.«
»Aber... aber warum hast du niemals... niemals etwas gesagt?« stammelte Tally. »Oder Hrhon?«
»Ihr habt nicht ghefragt«, antwortete Essk ruhig. Tally starrte sie an. Sie wollte irgend etwas sagen, etwas tun – aber sie konnte es nicht. Seit fünfzehn Jahren kannte sie die beiden Wagas, aber sie hatte tatsächlich niemals auch nur ein persönliches Wort mit ihnen gewechselt, zumindest nicht mehr seit der Zeit, seit sie Hrabans Frau und wenig später seine Witwe und Nachfolgerin geworden war. Für sie – wie für übrigens alle anderen Mitglieder der Sippe auch – waren die beiden Wagas nur große, sehr zuverlässige und sehr starke Diener gewesen, im Grunde selbst nicht viel mehr als Maschinen, auf die man sich verließ, denen man aber keine eigene Persönlichkeit zubilligte.
Tally hatte plötzlich ein starkes Gefühl von Scham. Wäre der Sandsturm nicht gewesen, dann würde sie Essk und Hrhon noch jetzt als nichts anderes als Sklaven behandeln. Sie fragte sich, wie viel Dinge noch so offensichtlich vor ihrer Nase herumliegen mochten, ohne daß sie sie bisher auch nur bemerkt hatte.
»Und es war euch... egal?« fragte sie stockend. »All die Toten, all die verwüsteten Städte und Länder... das alles war euch gleich? «
»Esss isst Euer Krieg«, antwortete Essk gleichmütig.
»Nhur Mensssen bauen Masssinen. Und nhur Mensssen thöten Mensssen ohne Grund.«
Tally starrte sie betroffen an. Und plötzlich war