Der Astrogator gab Alarm. Die Besatzung ging an die Plätze. Der „Unbesiegbare“ zog die Rampe und den Personenlift ein und schloß die Luken. Auf dem Bildschirm war von neuem ein Flackern zu sehen. Wieder war der Feuertrichter da. Diesmal griff die Wolke nicht an. Nur ein paar Fetzen von ihr leuchteten, vom Feuer erfaßt, hell auf, ihr ganzer übriger Teil wich in Richtung der Schluchten zurück, drang in das Labyrinth ein, über dem dichte Schatten lagen, und vor den Augen der Männer tauchte der Zyklop auf, anscheinend unversehrt. Noch immer schob er sich sehr langsam rückwärts und vernichtete mit Dauerbeschuß seine ganze Umgebung — Felsen, Sand und Dünen.
„Warum schaltet er den Werfer nicht aus?“ rief einer.
Als hätte die Maschine die Worte gehört, stellte sie das Feuer ein, wendete und rollte mit wachsender Geschwindigkeit der Wüste zu. Hoch über ihr folgte die Flugsonde. Mit einemmal sahen die Männer etwas wie einen dünnen Feuerfaden unglaublich schnell auf sie zurasen. Ehe sie begriffen, daß der Werfer des Zyklopen auf die Sonde geschossen hatte und das, was sie sahen, ein Streifen annihilierter Luftteilchen auf der Schußbahn war, schraken sie unwillkürlich zurück, als fürchteten sie, daß die Entladung aus dem Leuchtschirm sprang und in der Steuerzentrale explodierte.
Gleich darauf verschwand das Bild, und nur der leere, weiße Schirm starrte sie an.
„Er hat die Sonde zertrümmert, Astrogator!“ schrie der Techniker am Steuerpult. Horpach befahl, eine zweite Sonde zu starten. Der Zyklop hatte sich inzwischen dem „Unbesiegbaren“ so sehr genähert, daß sie ihn gleich erblickten, als die Sonde Höhe gewonnen hatte. Eine neue, fadendünne Leuchtspur — und die zweite Sonde war zerstört.
Bevor das Bild verschwand, konnten sie noch das eigene Raumschiff erkennen. Der Zyklop war nicht weiter als zehn Kilometer entfernt.
„Der ist wohl verrückt geworden“, sagte der zweite Techniker an der Apparatur, und seine Stimme zitterte vor Erregung. Bei diesen Worten fiel es Rohan wie Schuppen von den Augen. Er blickte den Kommandanten an und begriff, daß dieser das gleiche dachte wie er. Ihm war, als senkte sich ihm ein sinnloser, bleierner Schlaf in die Glieder, den Kopf, den ganzen Körper. Aber die Befehle waren gegeben: Der Kommandant hatte angeordnet, eine vierte und eine fünfte Sonde abzuschießen. Der Zyklop vernichtete sie alle. Wie ein Meisterschütze, der sich mit Zielschießen vergnügt, holte er sie herunter.
„Ich brauche volle Kraft“, sagte Horpach, ohne den Bildschirm aus den Augen zu lassen.
Wie ein Pianist griff der Chefingenieur mit beiden Händen in die Tasten des Verteilerpults.
„Volle Startkraft in sechs Minuten“, antwortete er.
„Ich brauche volle Kraft“, wiederholte Horpach in gleichem Ton, und in der Steuerzentrale wurde es so still, daß man das Summen der Relais hinter den Emaillewänden hören konnte. Es klang, als wäre dort ein Bienenschwarm erwacht.
„Das Reaktorgehäuse ist zu kalt“, wollte der Chefingenieur einwenden, doch da drehte Horpach sich zu ihm um und sagte zum drittenmal mit unveränderter Stimme: „Ich brauche volle Kraft!“
Der Ingenieur griff wortlos zum Hauptschalter. In der Tiefe des Raumschiffes blökten kurz die Alarmsirenen, und wie entfernter Trommelwirbel folgten die Schritte der Männer, die auf die Kampfposten eilten. Wieder sah Horpach zu dem Bildschirm hin. Keiner sagte etwas, aber jetzt hatten alle verstanden, daß das Unmögliche geschehen war: Der Astrogator rüstete zum Kampf gegen den eigenen Zyklopen.
Zitternd richteten sich die Zeiger an den Geräten aus wie Soldaten. In den Leuchtrahmen des Leistungsanzeigers erschienen fünfstellige, dann sechsstellige Zahlen. Irgendwo sprühten Funken aus der Leitung. Ozongeruch breitete sich aus. Im hinteren Teil der Steuerzentrale verständigten sich die Techniker durch Handzeichen, welches Kontrollsystem einzuschalten sei. Die nächste Sonde zeigte vor ihrer Vernichtung den länglichen Schädel des Zyklopen, und man sah, wie er sich zwischen den Felswänden hindurchzwängte.
Dann war das Bild wieder leer und stach mit seinem silbrigen Weiß in die Augen. Jeden Moment mußte die Maschine bereits in Direktübertragung auftauchen. Der Bootsmann am Radarschirm war bereit, eine Außenbugfernsehkamera über die Spitze des Raumschiffes auszufahren, durch die das Blickfeld vergrößert wurde. Der Nachrichtentechniker schoß die nächste Sonde ab. Der Zyklop schien sich nicht geradenwegs auf den „Unbesiegbaren“ zuzubewegen, der ihn in voller Kampfbereitschaft unter der Wölbung des Kraftfeldes erwartete. In gleichmäßigen Abständen stoben Fernsehsonden aus seinem Bug.
Rohan wußte, daß der „Unbesiegbare“ eine Ladung Antimaterie aufhalten konnte, aber die Stoßenergie abzufangen, mußte Verluste der Energiereserven verursachen.
In dieser Situation hielt er es für das vernünftigste umzukehren, das heißt, sich auf eine stationäre Umlaufbahn zu begeben. Jede Minute rechnete er mit dem Befehl, aber Horpach schwieg unbegreiflich, als glaubte er, das Elektro— nengehirn der Maschine würde zur Besinnung kommen.