Menschlicher Forschergeist sind keine Grenzen gesetzt. Kurz vor dem Jahre 2000 sind Mond und Mars bereits bezwungen.Die Venus dagegen, der Schwesterplanet der Erde, hütet hinter einer dichten Wolkenhülle auch vor den stärksten irdischen Teleskopen ihre Geheimnisse.Deshalb startet die "SSSR-KS 3", ein sowjetisches Raumschiff, mit zwölf Wissenschaftlern an Bord in Richtung Venus. Die Landung gelingt, doch heftige Gewitter und sintflutartige Regen erschweren die Erkundung des Planeten.Alle bewegt die Frage: Gibt es hier vernunftbegabte Wesen? Sollen es die aufrecht gehenden schildkrötenartigen Geschöpfe sein, die dreien der Kosmonauten zum Verhängnis werden?Phantasiereich und glaubhaft gestaltet der Autor die Begegnung des Erdenmenschen mit Bewohnern einer anderen Welt und mit der ans Wunderbare grenzende Technik eines fremden Raumschiffs, das vor Jahrtausenden auf der Venus niedergegangen ist.
Научная Фантастика18+Georgi Martynow
Das Erbe der Phaetonen
Russische Originaltitel
DIE SCHWESTER DER ERDE
Boris Melnikow
Der junge Mann, der das Abzeichen „Meister des Sports“ trug, blieb vor der geschlossenen Tür stehen.
Als wüßte er nicht, was er tun sollte, fuhr er sich mit der Hand über das kurzgeschnittene Haar. In sein sonnverbranntes Gesicht stieg die Röte der Erregung. Er holte tief Luft wie ein Mensch, der zum Sprung ins kalte Wasser ansetzt, und klopfte behutsam an.
„Herein!“ Der junge Mann öffnete die Tür.
In dem kleinen Zimmer standen Polstersessel. Die zwei Bücherschränke, die Bilder an den Wänden und der flauschige Teppich, der den ganzen Fußboden bedeckte, erinnerten weniger an ein Dienstzimmer als an das Arbeitszimmer einer Privatwohnung.
Am Fenster stand ein breitschultriger Mann mit blondem, nach hinten gekämmtem Haar. Als er hörte, daß die Tür aufging, drehte er sich um.
Der junge Mann neigte ehrerbietig den Kopf und stellte sich vor.
„Filmingenieur Gennadi Wtorow.“ „Setzen Sie sich, Genosse Wtorow!“ Der breitschultrige Mann wies auf einen Sessel am Tisch. „Ich habe einen Brief von Professor Balandin erhalten. Er äußert sich sehr lobend über Sie und empfiehlt Sie als Kameramann für die Expedition. Da Sie nun zu mir gekommen sind, darf ich annehmen, daß Sie bereit sind, mitzufliegen.“ „Das ist nicht ganz richtig ausgedrückt, Boris Nikolajewitsch“, antwortete Wtorow. „Ich träume davon, daß ich an der Expedition teilnehmen darf.“ „Dieser Traum kann Wirklichkeit werden. Für Sie bürgt Professor Balandin. Das will schon etwas heißen! Aber außer Kenntnissen und Wünschen wird noch eine einwandfreie Gesundheit verlangt. Sie sind Meister des Sports? In welcher Sparte?“ „Bergsteiger.“ „Das kommt uns zustatten. Die endgültige Entscheidung trifft der Expeditionsleiter, Akademiemitglied Belopolski, aber ich glaube nicht, daß er etwas einwenden wird. Dazu liegt meiner Meinung nach keine Veranlassung vor.“ „Vielen Dank, Boris Nikolajewitsch!“ sagte Wtorow erregt.
„Bedanken Sie sich nicht zu früh! Sind Sie Komsomolze?“ „Ich bin vor kurzem Kandidat der Partei geworden.“ „Sie sind sehr jung.“ Melnikow musterte prüfend Wtorows Gesichtszüge. „Ich war vor acht Jahren ebenso jung und wollte damals — wie Sie heute — als Kameramann meine erste Reise in den Kosmos antreten. Nicht wahr, da hat unser Schicksal etwas Gemeinsames? Aber Sie haben mir etwas voraus. Sie sind Ingenieur, ich aber war einfacher Journalist. Tut es Ihnen nicht leid, vom Ingenieur zum Fotografen umzusatteln?“ „Als Kameramann zu einem Stern zu fliegen ist bedeutend ehrenvoller, als auf der Erde Ingenieur zu sein.“ Melnikow lachte.
„Ich sehe, Sie sind ein Enthusiast“, sagte er. „Das ist gut. In unserer Tätigkeit läßt sich ohne Enthusiasmus die lange Trennung von der Erde schwer ertragen.“ Er zog einen Brief aus der Tasche und warf einen Blick darauf. „Also, Gennadi Andrejewitsch, wir dürfen annehmen, daß alles in Ordnung geht. Erzählen Sie mir von sich. Als Stellvertretender Expeditionsleiter muß ich von den Besatzungsmitgliedern alles wissen.“ „Und was interessiert Sie?“ „Alles! Ihr ganzes Leben vom Augenblick Ihrer Geburt an.“ „Mein Leben ist sehr einfach“, begann Wtorow unschlüssig.
„Das tut nichts zur Sache, erzählen Sie!“ Melnikow lächelte, um sein Gegenüber zu ermuntern. Dieses offenherzige Lächeln stand in seltsamem Widerspruch zu dem strengen Ausdruck seiner ungewöhnlich ruhigen Augen.
Was für wunderschöne Augen er hat! dachte Wtorow.
Er fing an zu erzählen. Mit jedem Wort wurde seine Stimme ruhiger.
Wtorow war sehr erregt gewesen, als er dieses Gebäude, das Kosmische Institut der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, betreten hatte. Sollte, doch darin über sein ganzes weiteres Leben entschieden werden. Mit klopfendem Herzen hatte er die Schwelle dieses Arbeitszimmers überschritten. Die Nähe des berühmten Kosmonauten lähmte im ersten Augenblick sein Denken, und es fiel ihm schwer, die richtigen Worte zu finden.
Jedoch allmählich beruhigten ihn Melnikows freundlicher Ton und seine kollegiale Haltung.
Er sprach, und Melnikow, der die Arme auf den Tisch und das Kinn auf die Hände gestützt hatte, hörte aufmerksam zu.