Читаем Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7) полностью

Von einer Telefonzelle aus rief Smiley nochmals den Flughafen Hamburg an, um Mister Standfasts Flug nach London Heathrow zu bestätigen. Danach kaufte er Briefmarken und einen kräftigen Umschlag, auf den er eine fiktive Adresse in Adelaide, Australien, schrieb. Er steckte Mister Standfasts Paß hinein und warf das Kuvert in einen Briefkasten. Dann ging er als ganz einfacher Mister George Smiley, Beruf Angestellter, zum Bahnhof zurück und fuhr ohne Zwischenfall über die Grenze nach Dänemark. Während der Fahrt ging er auf die Toilette und las dort Maria Ostrakowas Brief, alle sieben Seiten, die der General selbst auf Mikhels antiquiertem Naßkopierer in der kleinen Bibliothek am Britischen Museum abgelichtet hatte. Was er las, paßte zu dem, was er an diesem Tag erlebt hatte und erfüllte ihn mit wachsender, schier unbändiger Sorge. Per Bahn, Fährschiff und Taxi eilte er zum Flughafen Castrup in Kopenhagen. Von dort flog er am Nachmittag weiter nach Paris, und obwohl die Flugzeit nur eine Stunde betrug, füllte sie in Smileys Geist die Spanne eines Lebens und führte ihn durch die ganze Skala seiner Erinnerungen, Empfindungen und Erwartungen. Die Wut und Bestürzung über Leipzigs Ermordung, die er bis jetzt unterdrückt hatte, wallten nun in ihm auf, wichen aber sofort seiner Angst um die Ostrakowa: Wenn sie schon bei Leipzig und dem General vor nichts zurückgeschreckt waren, was würden sie dann erst mit der Ostrakowa anstellen? Die Blitzreise durch Schleswig-Holstein hatte ihm die Behändigkeit der Jugend wiedergegeben, doch jetzt, nachdem der Höhepunkt überschritten war, fiel ihn erneut die unheilbare Gleichgültigkeit des Alters an. Wenn der Tod so nahe, so allgegenwärtig ist, dachte er, aus welchem Grund sollte man da weiterkämpfen? Er dachte wieder an Karla und an dessen Absolutheit, die zumindest dem dauernden Chaos, das Leben hieß, eine bestimmte Richtung gab, eine Richtung auf Gewalttätigkeit und Tod; an Karla, für den Mord nie mehr gewesen war als das notwendige Mittel zu einem großen Zweck.

Wie kann ich gewinnen? fragte er sich; allein, voller Zweifel und von Skrupeln gehemmt, wie kann ich da - wie könnte da irgend jemand von uns - gegen diese gnadenlosen Exekutionskommandos gewinnen?

Die bevorstehende Landung des Flugzeugs und die Aussicht auf neuerliche Jagd belebten ihn wieder. Es gibt zwei Karlas, überlegte er in Erinnerung an das unbewegte Gesicht, an die geduldigen braunen Augen, den drahtigen Körper des Mannes, der stoisch auf seine eigene Zerstörung hinarbeitete. Da ist Karla, der Profi, der so kaltblütig war, daß er, wenn nötig, zehn Jahre warten konnte, bis sich ein Einsatz auszahlte: in Bill Haydons Fall, zwanzig; Karla, der alte Spion, der Pragmatiker, der ein Dutzend Fehlschläge für einen großen Erfolg in Kauf nahm.

Und da ist der andere Karla, der Mann, der letzten Endes doch ein Herz besitzt, einer großen Liebe fähig ist, Karla, dem der Makel der Menschlichkeit anhaftet. Ich sollte mich nicht kopfscheu machen lassen, wenn er, um seine Schwäche zu verteidigen, auf die einschlägigen Methoden seines Metiers zurückgreift. Als er in seinem Abteil nach dem Strohhut über sich griff und bereits im Geist die nächsten Schachzüge plante, erinnerte Smiley sich an ein leichtsinniges Versprechen, das er einst gegeben hatte: Auch Karla könne man zu Fall bringen. »Nein«, war damals seine Antwort auf eine Frage gewesen, die fast aufs Haar derjenigen glich, die er sich soeben selber gestellt hatte. »Nein, Karla ist nicht kugelfest. Weil er ein Fanatiker ist. Und wenn ich dann noch ein Wort mitzureden habe, wird ihn eines Tages eben dieser Mangel an Mäßigung zu Fall bringen.«

Als er zum Taxistand hastete, fiel ihm ein, daß er diese Bemerkung damals einem gewissen Peter Guillam gegenüber getan hatte, Peter Guillam, an den er zufälligerweise gerade sehr viel denken mußte.

18

Maria Ostrakowa lag auf dem Sofa, blickte hinaus ins Zwielicht und fragte sich ernsthaft, ob es wohl den Weltuntergang ankündige.

Den ganzen Tag hatte dasselbe trübe Grau über dem Hof gelegen und ihr winziges Universum einem immerwährenden Abend ausgeliefert. In der bräunlichen Morgendämmerung war das Grau noch dichter geworden. Um Mittag, kurz nach dem Auftauchen der Männer, erfolgte eine himmlische Stromsperre, Grabesfinsternis sank herab, wie ein Vorgriff auf Maria Ostrakowas eigenes Ende. Und jetzt, am Abend, schickte sich ein kriechender Nebel an, die vor der Dunkelheit zurückweichenden Kräfte des Lichts endgültig zu besiegen. Und genauso wird es mit der Ostrakowa enden, dachte sie ohne Bitterkeit: mit meinem zerschlagenen, schwarz und blau gefleckten Körper und mit meiner belagerten Festung und mit meinen Hoffnungen auf die Wiederkunft des Erlösers; genauso wird es enden, mein Lebenslicht wird dahinschwinden.

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