Читаем Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend полностью

»Es ist Mitternacht, ihr besoffenes Gesindel!«

»Hell schon erglühn die Sterne, leuchten in blauer Ferne -«

Lisa erscheint im Fenster und verneigt sich. Sie glaubt, das Ständchen gelte ihr.

Kurz darauf ist die Polizei da.»Gehen Sie auseinander!«kommandiert eine markige Stimme.

Die Polizei hat sich mit der Deflation geändert. Sie ist scharf und energisch geworden. Der alte Preußengeist ist wieder da.

Jeder Zivilist ist ein ewiger Rekrut.

»Nächtliche Ruhestörung!«schnauzt der amusische Uniformträger.

»Verhaftet sie!«heult die Witwe Konersmann.

Bodos Verein besteht aus zwanzig handfesten Sängern. Dagegen stehen zwei Polizisten.»Bodo«, rufe ich besorgt.»Rührt sie nicht an! Verteidigt euch nicht! Ihr kommt sonst für Jahre ins Zuchthaus!«

Bodo macht eine beruhigende Geste und singt mit weit offenem Munde:

»Möchte mit dir so gerne ziehn – himmelwärts.«

»Ruhe, wir wollen schlafen!«schreit die Witwe Konersmann.

»Heda!«ruft Lisa den Polizisten zu.»Laßt doch die Sänger in Ruhe! Warum seid ihr nicht da, wo gestohlen wird?«

Die Polizisten sind verwirrt. Sie kommandieren noch ein paarmal:»Alles zur Polizeistation!«- aber niemand rührt sich. Bodo beginnt die zweite Strophe. Die Polizisten tun schließlich, was sie können – sie verhaften jeder einen Sänger.»Verteidigt euch nicht!«rufe ich.»Es ist Widerstand gegen die Staatsgewalt!«

Die Sänger leisten keinen Widerstand. Sie lassen sich abführen.

Der Rest singt weiter, als wäre nichts geschehen. Die Station ist nicht weit. Die Polizisten kommen im Laufschritt wieder und verhaften zwei weitere Sänger. Die andern singen weiter; aber der erste Tenor ist recht schwach geworden. Die Polizisten verhaften von rechts; beim drittenmal wird Willy abgeführt, und damit ist der erste Tenor zum Schweigen gebracht. Wir reichen Bierflaschen aus den Fenstern.»Halte aus, Bodo!«sage ich.

»Keine Angst! Bis zum letzten Mann!«

Die Polizei kommt wieder und verhaftet im zweiten Tenor. Wir haben kein Bier mehr und stiften unsern Korn. Zehn Minuten später singen nur noch die Bässe. Sie stehen da, ohne hinzuschauen, wie verhaftet wird. Ich habe einmal gelesen, daß Walroßherden so unbeteiligt bleiben, während Jäger unter ihnen mit Keulen die Nachbarn erschlagen – und gesehen habe ich, daß ganze Völker im Kriege dasselbe tun.

Nach einer weiteren Viertelstunde steht Bodo Ledderhose allein da. Die schwitzenden, wütenden Polizisten kommen zum letztenmal angaloppiert. Sie nehmen Bodo in die Mitte. Wir folgen ihm zur Station. Bodo summt einsam weiter.»Beethoven«, sagt er kurz und summt wieder, eine einzelne musikalische Biene.

Aber plötzlich ist es, als ob Windharfen ihn aus unendlicher Ferne begleiteten. Wir horchen auf. Es klingt wie ein Wunder – aber Engel scheinen tatsächlich mitzusummen, Engel im ersten und zweiten Tenor und in den beiden Bässen. Sie umschmeicheln und umgaukeln Bodo und werden deutlicher, je weiter wir kommen, und als wir um die Kirche biegen, können wir die fliegenden, körperlosen Stimmen sogar verstehen. Sie singen»Heil’ge Nacht, o gieße du -«, und an der nächsten Ecke erkennen wir, woher sie kommen: aus der Polizeiwache, in der Bodos verhaftete Kameraden furchtlos stehen und weitersingen, ohne sich um etwas zu kümmern. Bodo als Dirigent tritt zwischen sie, als wäre das die alltäglichste Sache von der Welt, und weiter geht es:»Schenk dem müden Pilger Ruh -«

»Herr Kroll, was soll das?«fragt der Vorsteher der Wache perplex.

»Es ist die Macht der Musik«, erwidert Georg.»Ein Abschiedsständchen für einen Menschen, der in die Welt hinausgeht. Harmlos und eigentlich zu fördern.«

»Das ist alles?«

»Das ist alles.«

»Es ist nächtliche Ruhestörung«, erklärt einer der Verhafter.

»Wäre es auch nächtliche Ruhestörung, wenn sie „Deutschland, Deutschland über alles“ sängen?«frage ich ihn.

»Das wäre was anderes!«

»Wer singt, stiehlt nicht, mordet nicht und versucht nicht, die Regierung zu stürzen«, erklärt Georg dem Vorsteher der Wache.»Wollen Sie den ganzen Chor einsperren, weil er das alles nicht tut?«

»Werft sie raus!«zetert der Vorsteher.»Aber sie sollen jetzt ruhig bleiben.«

»Sie werden ruhig bleiben. Sie sind kein Preuße, wie?«

»Franke.«

»Das dachte ich mir«, sagt Georg.

Wir stehen am Bahnhof. Es ist windig, und niemand ist außer uns auf dem Perron.»Du wirst mich besuchen, Georg«, sage ich.»Ich werde alles daransetzen, die Frauen deiner Träume kennenzulernen. Zwei bis drei werden für dich da sein, wenn du kommst.«

»Ich komme.«

Ich weiß, daß er nicht kommen wird.»Du bist es allein schon deinem Smoking schuldig«, sage ich.»Wo sonst könntest du ihn anziehen?«

»Das ist wahr.«

Der Zug bohrt ein paar glühende Augen in das Dunkel.

»Halte die Fahne hoch, Georg! Du weißt, wir sind unsterblich.«

»Das sind wir. Und du, laß dich nicht unterkriegen. Du bist so oft gerettet worden, daß du die Verpflichtung hast, weiter durchzukommen.«

»Klar«, sage ich.»Schon der andern wegen, die nicht gerettet wurden. Schon Valentins wegen.«

»Unsinn. Einfach, weil du lebst.«

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