Herrick grinste erleichtert, möglicherweise weil er jetzt nicht mehr auf dumme Fragen zu antworten brauchte, mit denen ihn seit dem Festmachen alle möglichen Besucher überfallen und in Atem gehalten hatten. Ein britisches Kriegsschiff schien weit mehr Interesse zu erregen als die ständig ein- und auslaufenden Handelsschiffe. Es war ein Bindeglied zur Heimat, eine Andeutung von dem, was diese Menschen hinter sich gelassen hatten, als sie auszogen, um ein Weltreich aufzubauen.
«Viel Glück, Sir«, sagte Herrick.»Das hier ist ein gewaltiger Unterschied zu Rochester. «Damit ging er.
Der Adjutant sah ihm nach und warf dann einen uninteressierten Blick auf Keen.»Wenn Sie wünschen«, sagte er,»kann ich diesen jungen Herrn in die Offiziersmesse bringen lassen.»
Bolitho lächelte.»Hier wird er sich bestimmt viel wohler fühlen.»
Gelassen erwiderte Keen den starren Blick des Adjutanten und sagte:»Davon bin ich überzeugt, Sir. «Und er konnte sich nicht enthalten, hinzuzufügen:»Mein Vater wird sich freuen zu erfahren, wie gastfreundlich man hier ist, wenn ich ihm nächstens schreibe.»
Bolitho ergänzte, schon im Weggehen:»Seinem Vater gehört ein erklecklicher Teil dieser Handelsniederlassung.»
Der Adjutant sagte nichts weiter, sondern eilte schweigend durch den prächtigen Korridor voran. Er öffnete Doppeltüren und verkündete mit aller Würde, derer er noch fähig war:»Captain Richard Bolitho von Seiner Majestät Schiff
Bolitho kannte zwar den Namen des Gouverneurs, wußte aber sonst nicht viel von ihm. Sir Montagu Strang verschwand fast hinter einem mächtigen Schreibtisch aus Ebenholz mit silbernen Füßen in der Form von Tigerpfoten. Strang war klein, grauhaarig und schmächtig, und seine bleiche Gesichtsfarbe deutete auf ein kürzlich überstandenes Fieber. Sein schmaler Mund lächelte nicht, und unter den buschigen Brauen hervor betrachtete er den auf einer blauen Teppichgalerie näher tretenden Bolitho, wie ein Jäger seine Beute belauert.
«Willkommen, Bolitho. «Die Winkel des schmalen Mundes hoben sich nur so wenig, als schmerze ihn schon diese winzige Anstrengung.
Doch dann bemerkte Bolitho, daß Strangs Haltung keineswegs Geringschätzung ausdrückte, denn als er näher kam, sah er, daß der Gouverneur aufgestanden und nicht, wie er zunächst gedacht hatte, in seinem Sessel sitzen geblieben war.
«Besten Dank, Sir.»
Bolitho versuchte, seine Überraschung oder, was schlimmer war, sein Mitleid zu verbergen. Bis zum Gürtel war Sir Montagu ein normal gebauter, wenn auch schmächtiger Mann. Aber seine Beine waren zwergenhaft kurz, und seine schmalen Hände schienen bis zu den Knien zu hängen.
Im gleichen knappen Ton fuhr Strang fort:»Bitte nehmen Sie Platz. Ich habe Ihnen einiges zu sagen, bevor wir zu den anderen gehen. «Er musterte ihn von oben bis unten und sprach dann weiter:»Ich habe Ihren Bericht gelesen und auch die Berichte gewisser Augenzeugen. Die
Bolitho nahm auf einem mächtigen Sessel Platz und bemerkte erst jetzt, daß der riesige Fächer über seinem Kopf von einem winzigen Inder bewegt wurde, der scheinbar schlafend in einer entfernten Ecke saß, mit dem nackten Fuß regelmäßig an einem Seil zog und so den Fächer in Schwung hielt.
Strang trat wieder an seinen Schreibtisch und setzte sich. Wahrscheinlich, dachte Bolitho, benahm er sich immer so, wenn jemand kam, den er noch nicht kannte. Er wollte es hinter sich bringen und dem Besucher Verlegenheit ersparen. Bolitho hatte gehört, daß Strang schon seit vielen Jahren als Repräsentant der Regierung und Ratgeber in Handels- und Eingeborenenangelegenheiten in Indien stationiert war. Ein sehr bedeutender Mann. Kein Wunder, daß er lieber hier draußen auf hohem Posten saß, als daß er sich in London der ständigen Demütigung taktloser Blicke aussetzte.
«Also, Bolitho, zur Sache«, begann Sir Montagu gemessen.»Ich habe lange auf Depeschen warten müssen, ohne zu wissen, ob meine ursprünglichen Vorschläge angenommen wurden. Der Verlust der
Bolitho preßte die Hände zusammen und versuchte, sich von Strangs Betrachtungen nicht ablenken zu lassen. Also lief sein Auftrag weiter, die
Strangs scharfe Stimme unterbrach seine Überlegungen.»Sie denken bereits voraus, wie ich sehe. Erlauben Sie mir, ein paar Kleinigkeiten hinzuzufügen.»