Mudge warf ihm einen zornigen Blick zu.»Genau, Sir! In ihren hübschen roten Röcken, mit Trommeln und Pfeifen — ein schönes Bild, stelle ich mir vor. «Grob fügte er hinzu:»Die Wilden werden sie zum Frühstück fressen, ehe sie auch nur ihre verdammten Stiefel putzen können!»
«Hören Sie mal!«Bellairs war ehrlich schockiert.
Bolitho nickte.»Also gut. Der Wind steht richtig, wir müßten morgen gegen Mittag ankern können.»
«Aye«, stimmte Mudge zu.»Aber nicht zu dicht unter Land, Sir. Denn ein ganzes Stück vor der Landspitze liegt ein Riff. Das heißt: alle Boote zu Wasser und ein langer Pull für die Leute.»
«Ja. «Bolitho sah Davy an.»Sie besprechen mit dem Stückmeister die Bewaffnung der einzelnen Boote. Drehbassen für Pinaß und Kutter, Standmusketen für die anderen Boote. «Er blickte in die aufmerksamen Gesichter.»Und ein Offizier pro Boot. Auf manche von unseren Leuten müssen wir scharf aufpassen, und sei es auch nur zu ihrem eigenen Besten. «Er ließ die Worte wirken.»Denken Sie immer daran: die meisten sind in solchen Unternehmungen völlig unerfahren; nur weil wir jetzt zwei Monate zusammen sind, kommen sie Ihnen vielleicht wie befahrene Seeleute vor. Doch das sind sie nicht; also behandeln Sie sie entsprechend! Führen Sie sie und überlassen Sie das nicht anderen weniger Qualifizierten.»
Er bemerkte, daß die Midshipmen Blicke tauschten wie Schuljungen vor einem Streich. Keens Augen glitzerten vor Erregung. Der kleine Penn war offensichtlich stolz, für voll genommen zu werden. Dem unglückseligen Armitage hatte die Sonne die Stirn verbrannt, weil er ein paar Minuten lang ohne Hut an Deck gewe sen war. Diese beiden Kerlchen waren leider noch unerfahrener als die meisten Matrosen.
Bolitho sah auf die Karte. Wenn Sullivan nicht gewesen wäre, hätten sie die ganze Reise bis Madras ohne Unterbrechung geschafft, trotz der Ausfälle durch Krankheit. Herrick hatte ihm helfen wollen, indem er sagte, es sei eben Pech; Puigserver hatte ihm versichert, er stehe bei jeder Entscheidung über das Wohl des Schiffes hinter ihm. Aber es waren eben
Unter den Anwesenden waren mehrere, die mit dem Schiffsarzt überhaupt nicht mehr sprachen; und vielleicht nur aus diesem Grund hatte Bolitho nichts weiter dazu gesagt, daß Whitmarsh sich ausgerechnet Sullivan als Helfer ausgesucht und ihm, mochte er nun verrückt gewesen sein oder nicht, Gelegenheit gegeben hatte, das Wasser zu verderben. Er sah den Doktor nur beim Krankenstandsbericht und war jedesmal erschüttert über den Zustand des Mannes: verbittert, innerlich kochend und dabei unfähig, seine Probleme mit anderen zu besprechen. Er versuchte es nicht einmal.
Bolitho hörte eine Frauenstimme, und die anderen sahen zum Oberlicht hoch, wo an Deck Schritte zu vernehmen waren: Mrs. Raymond und ihre Zofe beim gewohnten Spaziergang unter dem Sternenhimmel. Hoffentlich paßte Soames auf, daß sie das Achterdeck nicht verließen. Er konnte für ihre Sicherheit nicht garantieren, wenn sie gewissen Matrosen vor die Hände liefen. Bolitho wußte genau, welche Gefühle die Mannschaft hegte.
Den Freiwilligen mußte es ziemlich anders vorkommen, als die Rekrutierungsplakate ihnen versprochen hatten; und die Männer von den Gefängnishulken meinten jetzt vielleicht, sie hätten einen schlechten Tausch gemacht. Selbst flüchtige Verbrecher mochten von Zweifel und Reue geplagt werden. Ihre Verbrechen kamen ihnen nun, da sie Festnahme und Prozeß nicht mehr zu fürchten hatten, wohl weniger bedrohlich vor als Hitze, Durst und die tägliche Qual von Dienst und Disziplin.
Er sah, wie Raymond sich auf die Lippen biß, während seine Augen dem Klang der sich entfernenden Schritte folgten, als könne er durch die Decksplanken sehen. Gerade in der Enge des Schiffes entfremdeten sich seine Frau und er immer mehr. Es war schon eine seltsame Ehe.
Bolitho erinnerte sich an ein Vorkommnis der letzten Tage. Im Kartenraum, der ihm als Behelfskajüte diente, hatte Allday ihm soeben den Arm neu verbunden. Mrs. Raymond war ohne vorher anzuklopfen eingetreten; weder er noch Allday hatten sie kommen gehört. Gelassen stand sie an der offenen Stückpforte und sah wortlos zu. Bolitho war bis zum Gürtel nackt, und als er nach seinem frischen Hemd griff, hatte sie leise bemerkt:»Wie ich sehe, haben Sie noch eine andere Narbe, Captain.»
Bolitho hatte sich an die Rippen gefaßt und war sich plötzlich des rissigen Wundmales bewußt geworden, das von einem Pistolenschuß zurückgeblieben war. Grob hatte Allday gesagt:»Der Captain ist beim Anziehen, Madam! An Land sind die Sitten anscheinend anders als an Bord!«Aber sie war ruhig stehengeblieben und hatte ihn mit halbgeöffneten Lippen angesehen. Doch wie konnte sie verstehen, woran er dachte? An den Gegner, der auf ihn geschossen hatte: ein Offizier seines eigenen Bruders, der ein Verräter war, ein steckbrieflich gesuchter Renegat. Jetzt war Hugh tot und von den meisten, die ihn gekannt hatten, vergessen.