Er verfolgte Fletchers Vorkehrungen zur Dekompression des Alienschiffs nur mit einem Ohr. Zunächst wollte man die tragbare Luftschleuse genau über den Überlebenden aufstellen, falls es der blinde Alien nach dem Tod des FSOJ und dem Beginn der langwierigen Schweißarbeiten durch die Bergungsmannschaft nicht durch den Gang schaffen sollte. Doch der plötzlich skeptische und verärgerte Tonfall in Fletchers Stimme brachte Conways Gedanken schlagartig wieder in die Gegenwart zurück.
„… und warum können Sie das nicht?“ verlangte Fletcher gerade zu wissen. „Sie beginnen auf der Stelle mit dem Transport der Luftschleuse.
Haslam und ich selbst kommen Ihnen auch in ein paar Minuten zu Hilfe.
Was ist los mit Ihnen, Chen?“
„Ich fühle mich nicht besonders“, erwiderte Lieutenant Chen von seinem Posten neben dem Alienschiff. „Können Sie mich nicht ablösen lassen, Sir?“
Bevor Fletcher antworten konnte, sagte Conway: „Fragen Sie ihn, ob er immer heftigere Kopfschmerzen hat und eine Art Juckreiz verspürt, der tief in den Ohren zu sitzen scheint. Wenn er das bestätigt, teilen Sie ihm mit, daß die Beschwerden mit zunehmender Entfernung vom Alienschiff nachlassen.“
Ein paar Sekunden später befand sich Chen nach der Bestätigung von Conways Beschreibung der Symptome auf dem Rückweg zur Rhabwar.
„Was geht hier bloß vor, Doktor?“ fragte Fletcher hilflos.
„Damit hätte ich eigentlich rechnen müssen“, antwortete Conway. „Aber es ist lange her, seit ich diese Erfahrung gemacht hab. Außerdem hätte ich mich daran erinnern müssen, daß Wesen, denen durch körperliche Schädigungen oder die Evolution lebenswichtige Sinnesorgane abhanden gekommen sind, diesen Verlust wieder ausgleichen. Ich glaube… nein, ich weiß, wir spüren gerade Telepathie.“
Fletcher schüttelte bestimmt den Kopf. „Da irren Sie sich, Doktor“, widersprach er. „In der Föderation gibt es zwar ein paar telepathische Spezies, aber die sind mehr an philosophischen als an technischen Dingen interessiert, und deshalb begegnen wir denen auch nicht oft. Und selbst mir ist bekannt, daß ihre Fähigkeit zur telepathischen Kommunikation immer nur auf die eigene Spezies begrenzt ist. Deren organischen Sender und Empfänger sind auf eine ganz bestimmte Frequenz eingestellt, und andere Spezies — selbst telepathische Spezies — können die Mitteilungen nicht empfangen.“
„Das stimmt“, bestätigte Conway. „Im allgemeinen kommunizieren Telepathen nur mit Telepathen. Aber es sind ein paar seltene Fälle dokumentiert, in denen Nichttelepathen die Gedanken eines Telepathen empfangen haben — wenn auch nur ein paar Sekunden oder Minuten lang.
Viel häufiger haben diese mit Telepathie experimentierenden Wesen allerdings große Beschwerden gehabt, ohne den geringsten Kontakt herzustellen. Den ET-Neurologen zufolge liegen diese Teilerfolge an den verborgenen telepathischen Fähigkeiten vieler Spezies, die lediglich durch die Entwicklung gewöhnlicher Sinnesorgane verkümmert sind. Und während meines eigenen, äußerst kurzen Erlebnisses, das mir auch nur ein einziges Mal widerfahren ist, hab ich eng mit einem sehr starken Telepathen an demselben Problem zusammengearbeitet. Wir haben die gleichen geistigen Bilder vor Augen gehabt, über dieselben Symptome gesprochen und waren tagelang einer Meinung über den Patienten. Dabei müssen wir eine vorübergehende Brücke geschlagen haben, über die die Gedanken und Gefühle des Telepathen in meinen Kopf gelangen konnten.“
Prilicla zitterte heftig. „Wenn der vernunftbegabte Überlebende telepathischen Kontakt mit uns herzustellen versucht, dann bemüht er sich mit äußerster Anstrengung darum, mein Freund“, sagte er. „Er ist völlig verzweifelt.“
„Das kann ich verstehen, wenn ein FSOJ in seiner Nähe ist, dessen Zustand sich rasch verbessert“, bemerkte Fletcher. „Aber was sollen wir denn tun, Doktor?“
Conway bemühte sich verzweifelt, seinem schmerzenden Kopf eine Antwort abzuringen, bevor den überlebenden Alien das gleiche Schicksal wie seine Besatzungskollegen ereilen würde. „Wenn wir bloß konzentriert an irgendeine Gemeinsamkeit zwischen uns und dem Alien denken könnten“, sagte er. „Wir könnten selbst versuchen, an die blinden Aliens zu denken.“ Er wies mit der Hand auf die Seziertische. „Nur haben wir wahrscheinlich nicht genügend Kontrolle über die Gedanken, um sie uns lebendig und als Ganzes vorzustellen. Es ist für den Überlebenden nämlich nicht gerade eine Beruhigung, wenn wir sie uns — und sei es noch so kurz — als sezierte Leichen vorstellen. Am besten, wir betrachten den FSOJ und denken an ihn. Da es sich um ein Nutztier handelt, sollte es den Alien nicht stören, wenn wir den FSOJ in kleine Stückchen zerschnitten sehen, spüren, empfinden oder was auch immer.