„Es hätte mir leid getan, Sie zu verlieren“, sagte er. „Ich bin froh, daß das nicht der Fall ist. — Machen Sie sich bekannt“, fügte er hinzu und führte mich zu einem hochgewachsenen, hageren Mann, der am Schreibtisch saß. „Das ist Konstantin Jewgenjewitsch Belopolski, mein Gehilfe während der Fahrt,“
Als Kamow mich vorstellte — er erwähnte dabei, daß ich an dem bevorstehenden Flug teilnehme —, drückte Belopolski mir die Hand, tat dies aber, wie mir schien, völlig gleichgültig. Nicht einmal der Anflug eines Lächelns zeigte sich auf seinem Gesicht, das, obwohl er erst fünfundvierzig Jahre zählte, von tiefen Furchen durchzogen war.
Ich weiß noch, daß mich diese schweigsame Begrüßung unangenehm berührte, und ich dachte sogar, daß es kein besonderes Vergnügen sein müßte, auf einer langen Reise einen solchen Gefährten zu haben. Heute weiß ich, daß dieser Mann an und für sich sehr wortkarg ist und nur über Astronomie und Mathematik längere Zeit sprechen kann.
Ganz anders begrüßte mich der vierte Expeditionsteilnehmer, Arsen Georgijewitsch Paitschadse, den ich zwei Tage darauf kennenlernte.
Noch jung, nicht älter als fünfunddreißig Jahre, genoß er schon weit und breit den Ruf eines ausgezeichneten Kenners der Spektralanalyse.
„Boris Nikolajewitsch Melnikow?“ fragte er und drückte mir die Hand mit solcher Kraft, daß ich vor Schmerz das Gesicht verzog.
Paitschadses ganze Erscheinung — seine kleine, schmächtige Gestalt, sein gebräuntes Gesicht mit dem kurzgeschnittenen Schnurrbärtchen über der Oberlippe und seine freundlichen Augen — flößte mir ein solches Zutrauen ein, als kannte ich ihn schon seit Jahren.
Er bat mich, ihm meinen Lebenslauf zu erzählen, berichtete dann von sich selbst, und wir schieden als Freunde. In den zwei Monaten, die seitdem vergangen sind, habe ich mich davon überzeugt, daß Paitschadse ein entgegenkommender, mitteilsamer Mensch ist, der mir ein guter Reisegefährte sein wird. Auf unserem Schiff soll ich die Kajüte mit ihm teilen, und darüber freue ich mich sehr.
Unter angestrengter Arbeit war der Starttag unmerklich herangerückt. Das Schiff und seine Besatzung waren bereit. Drei Tage vor dem Abflug besichtigten wir es zum letzten Male. Alle Geräte und Apparate wurden überprüft, die Ladung kontrolliert. Während Kamow und Belopolski das Schiff inspizierten, kontrollierte Paitschadse die astronomischen Geräte, und ich sah nach meiner Foto- und Filmapparatur. Mir stehen drei Filmapparate zur Verfügung, ein tragbarer und zwei, die in die Schiffswände eingebaut sind und selbsttätig funktionieren können, dazu noch vier ausgezeichnete Kameras, jede mit sechs auswechselbaren Objektiven, und ein kleines Fotolabor.
Kamows Expedition ist überhaupt auf großzügige Weise ausgerüstet. Jede Eventualität ist einbezogen, nichts ist vergessen, nichts außer acht gelassen. Jedes Detail ist sorgfältig bedacht und ausgeführt.
Die nächste Eintragung in mein Tagebuch werde ich bereits während der Fahrt vornehmen.
Für heute ist’s genug … Zehn Minuten nach zwölf …
Um sieben Uhr früh werde ich mit dem Wagen abgeholt.
Meine letzte Nacht also auf der Erde!
Morgen starten wir ins Unbekannte!
Der Abflug
Zweiunddreißig Stunden unterwegs …
Der erste Tag ist vergangen. Ich stelle das nach der Uhr fest. Einen Wechsel von Tag und Nacht gibt es in unserem Schiff nicht und wird es auch nicht geben. Ununterbrochen beleuchtet die Sonne die rechte Bordwand, und das Schiff dreht sich in bestimmten Abständen um seine Längsachse, damit sich seine gesamte Außenfläche gleichmäßig erwärme.
Die Motoren haben längst ihre Arbeit eingestellt, wir fliegen nach dem Trägheitsgesetz weiter, mit einer Geschwindigkeit von achtundzwanzigeinhalb Kilometern in der Sekunde. Wir merken das nicht.
Das Schiff schwebt in einem endlosen Raum.
Dieses Bild, das ich mir auf der Erde so grauenvoll vorgestellt hatte, ist hier gar nicht furchterregend. Wir haben überhaupt nicht das Empfinden, über einem Abgrund zu schweben, weil rings um uns die gleiche Leere ist und die Begriffe „oben“ und „unten“ sich schon längst verwischt haben. Sobald die Motoren aussetzten und das Schiff, seinem Beharrungsvermögen folgend, mit konstanter Geschwindigkeit weiterflog, schwand die Schwere, und mit ihr schwanden die üblichen Vorstellungen. Gewohnheitsgemäß gilt für mich noch alles, was unter meinen Füßen ist, als „unten“, und was über meinem Kopf ist, als „oben“; aber ich brauche mich nur um hundertachtzig Grad zu drehen, damit das, was eben noch oben war, nach unten rücke und umgekehrt. Dazu bedarf es eines ganz geringen Kraftaufwandes, wenn man als Anhaltspunkt einen fest angebrachten Gegenstand oder einfach die Wand benutzt.
Ich wiege nichts! Der Zustand der Schwerelosigkeit, an den ich vor dem Flug so oft und nicht ohne Bangen gedacht habe, ist in Wirklichkeit überhaupt nicht schlimm; im Gegenteil, er ist angenehm. Gleich am ersten Tag habe ich mich daran gewöhnt.
Augenblicklich halte ich mich am Tisch auf und schreibe.